Noch bis Sonntag dieser Woche steht die Leipziger Buchmesse im Mittelpunkt des deutschen Literaturbetriebs. Auf dem Festival stellen rund 2000 Verlage ihre Neuerscheinungen vor, zahlreiche Preise werden vergeben – und das Wichtigste: Die Schriftsteller stehen ihren Lesern in öffentlichen Gesprächen Rede und Antwort.
Darunter sind auch in diesem Jahr wieder zahlreiche jüdische Autoren, etwa Leon de Winter, Tuvia Tenenbom und Gideon
Greif. Auch die Israelische Botschaft in Berlin ist mit einem eigenen Stand auf der Messe vertreten. An israelischer Literatur Interessierte können sich in Halle 4, D 400 über Neuerscheinungen aus dem jüdischen Staat informieren.
tabu Am Freitag um 14 Uhr liest die Soziologin Orna Donath aus ihrem Buch #regretting motherhood. Wenn Mütter bereuen. In dem kontrovers diskutierten Werk thematisiert Donath, was bislang ein großes Tabu ist: dass viele Frauen in der Mutterschaft nicht die von der Gesellschaft vorgeschriebene Erfüllung finden. Dass sie ihre Kinder lieben und trotzdem nicht Mutter sein wollen. Im Gespräch mit Moderatorin Shelly Kupferberg wird sie zudem davon berichten, welche Rückschlüsse aus ihren Gesprächen mit etlichen Müttern zu diesem Thema gezogen werden können.
Um 15 Uhr stellt der israelische Bestsellerautor Dror Mishani seinen Krimi Die Möglichkeit eines Verbrechens vor, der von einem brutalen Überfall in Tel Aviv erzählt. Ein Unschuldiger steht vorerst unter Verdacht. Doch Kommissar Avi Avrahams bleibt ebenso hartnäckig wie eigensinnig. Er ermittelt auf eigene Faust weiter. Anders als seine Vorgesetzten ist er davon überzeugt: Der Täter entstammt nicht dem palästinensischen Terroristenmilieu, sondern dem persönlichen Umfeld des Opfers.
Ungleich heiterer ist die Handlung in Eshkol Nevos neuem Roman Die einsamen Liebenden, der um 16 Uhr auf dem Stand der Israelischen Botschaft in Anwesenheit des Autors präsentiert wird. In dem Buch haben alle Figuren etwas gemein: Sie sehnen sich – und das bereits ein Leben lang – nach einem wirklichen Zuhause, nach Zugehörigkeit, einem anderen Leben. Wie in seinen früheren Büchern ist auch dieses Werk einmal mehr ein anspielungsreicher Roman um Einzelgänger, um Reisende und Zurückkehrende, und eine menschliche Komödie der Irrungen – turbulent, kurzweilig und amüsant.
Party Im Anschluss daran diskutieren Orna Donath, Dror Mishani und Eshkol Nevo im Rahmen der »Autoren-Clubnacht« im Theater FACT mit Studenten des Deutschen Literaturinstituts Leipzig über die israelisch-deutschen Beziehungen. Die Veranstaltung moderiert Barbara Wahlster vom Deutschlandradio Kultur. Ab 22 Uhr legt DJ2bfuzzy Freestyle, Soul, Latin, Mashups und Hits aus Israel auf. Der Eintritt ist frei.
Am Samstag liest der Journalist und Reiseschriftsteller Marko Martin auf dem Stand der Israelischen Botschaft aus seinem neuen Buch Tel Aviv: Schatzkästchen und Nussschale, darin die ganze Welt. Um 12 und 15 Uhr nimmt er die Zuhörer mit auf seine Stadttour der besonderen Art. Dabei werden sie unter anderem skurrile Geschichten über äthiopisch-irakisch-weißrussisch-argentinischstämmige Juden und Araber hören sowie die Strände Tel Avivs von Süd nach Nord besuchen – vom biblischen Jaffa, Heimat des ungehorsamen Propheten Jona, bis zum Strand der Orthodoxen, wo tagsüber ganzkörper-bekleidete Frauen und Männer mit Pejes baden, der in den Sommernächten aber zur Partymeile wird.
Zum festen Bestandteil der Buchmessentradition in Leipzig gehört inzwischen die Lesereihe »Jüdische Lebenswelten« im Ariowitsch-Haus der Jüdischen Gemeinde Leipzig. Zwischen 17 und 21 Uhr lesen am Freitag und Samstag zahlreiche israelische und deutsch-jüdische Schriftsteller aus ihren neuen Werken, unter anderem Deborah Feldman, Johanna Adorján, Filipp Piatov, Grigori Kanowitsch, Ellen Goldberg und Ilja Richter. Der Eintritt ist frei. ppe