Aufmerksam schaut der schlanke Mann in die Kamera, der Blick offen, aber leicht distanziert, die linke Hand umklammert ein Paar Handschuhe. Als sich Hermann Struck 40-jährig 1916 in Uniform so ablichten ließ, war er Referent für Jüdische Angelegenheiten beim Oberkommando Ost des deutschen Heeres in dem, was Russisch-Polen hieß.
Der gefragte Grafiker und Autor des Standardwerks Die Kunst des Radierens zeichnete damals unter anderen einen jüdischen Lastträger und einen alten Fahrer. Beide Porträts sind aktuell im Jüdischen Museum Frankfurt zu sehen, dazu zwölf Radierungen, die die Mainstadt, Venedig und New York zeigen, vier Bücher und, vor allem anderen spannend, sechs nacheinander entstandene Abzüge der Kaltnadelradierung »Talmudstudium«. Von ganz hell bis ganz rembrandthaft variiert und moduliert Struck die Ausdrucksstärke.
bezalel Die Kuratorin Eva Atlan kombiniert in dieser konzentrierten Kabinettsausstellung Arbeiten von Struck, dem gebürtigen Berliner, der sich 1923 in Palästina niederließ und 1944 in Haifa starb, mit Werken von Jakob Steinhardt: den Lehrer mit dem Schüler.
Der in der Nähe von Posen geborene Steinhardt, um elf Jahre jünger als Struck, lernte in dessen Atelier. 1933 machte der enge Freund von Ludwig Meidner und Mitglied der expressiven »Pathetiker« ebenfalls Alija. Steinhardt, ein religiöser Jude, lehrte lange an der Bezalel-Akademie für Kunst und Design in Jerusalem. 1968 verstarb er in Naharia. Eine schöne, kluge und überlegt gehängte Würdigung zweier außergewöhnlicher Zeichner.
Hermann Struck und Jakob Steinhardt. Radierungen und Holzschnitte. Jüdisches Museum Frankfurt, bis 22. März
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