Berlin

Jüdische Nakba

2000 Jahre! Vergangen mit dem Wind»: Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat am Dienstagabend in Berlin den israelischen Film The Dove Flyer gezeigt. Das Werk des israelischen Regisseurs Nissim Dayan basiert auf dem gleichnamigen Roman des aus Bagdad stammenden jüdischen Schriftstellers Eli Amir. Erzählt wird darin die Vertreibung von rund 130.000 irakischen Juden im Jahr 1950.

Die jüdische Mutter Naima Amari will Bagdad nicht verlassen – es ist ihre Heimat und die ihrer Ahnen. Sie haben die Geschichte des Landes mitgestaltet, als Künstler, Ärzte, Händler und Rabbiner. Doch 1951 muss Naima gehen, zusammen mit ihrer Familie, ihren Nachbarn, ihren Freunden. Ihr Eigentum wird per Gesetz konfisziert. Die älteste jüdische Gemeinde der Welt hört auf zu existieren.

Iran Die Vertreibung der irakischen Juden steht beispielhaft für die jüdische Nakba, die Katastrophe des Massenexodus von mehr als 850.000 Juden aus ihren arabischen Heimatländern und dem Iran. Bis heute ist die Flucht und die damit einhergehenden Pogrome, Massaker und Enteignungen für arabische Juden ein kollektives Trauma, das seit Sonntag vergangener Woche nun erstmals in der Geschichte Israels mit einem Gedenktag offiziell anerkannt wird.

Von nun an wird jährlich am 30. November im jüdischen Staat daran erinnert. Denn dieses Datum – der Tag nach der Annahme des UN-Teilungsplanes durch Israel – steht für den Beginn der gewaltsamen Vertreibungen. Die Konrad-Adenauer Stiftung nahm den neuen Gedenktag zum Anlass, um im Anschluss an den Filmabend darüber mit dem israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsman, der Politikwissenschaftlerin Sylke Tempel, dem Nahostexperten Jörg Rensmann und dem irakischen Schriftsteller Najem Wali zu diskutieren.

Diskussion «Wird ein solcher Film auch in Kairo oder Bagdad gezeigt werden, den Ländern, wo diese Geschichte stattgefunden hat – anstatt weiterhin die palästinensische Flüchtlingsgeschichte politisch zu instrumentalisieren?», fragte Sylke Tempel. Sie sei da nicht besonders optimistisch. «Es wäre schön, wenn der Gedenktag auch in den arabischen Ländern eine Diskussion entfalten würde», ergänzte Jörg Rensmann. Immerhin sei die Geschichte der arabischen Juden nicht nur Teil der israelischen, sondern auch der arabischen Geschichte.

Damit berührte der Nahost-Experte einen wesentlichen Unterschied zum palästinensischen Flüchtlingsproblem, den auch Hadas-Handelsman betonte: Denn Israel hat alle jüdischen Flüchtlinge integriert – eine Erfolgsstory. Dass ihre leidvolle Geschichte der Vertreibung nun auch offiziell anerkannt wird, spiegelt sich für den israelischen Botschafter auch in der Machart des Films wider: Alle Protagonisten sprechen Arabisch mit dem Dialekt Bagdads.

Es sind Klänge, die Najem Wali von Kindheit an vertraut sind. Ebenso wie die Lieder jüdischer Komponisten, die später aus dem Repertoire irakischer Orchester gestrichen wurden. «Den Irak von damals findet man heute nur noch in Israel: in den Bars, an deren Tischen alte irakische Juden sitzen, Arak trinken, dazu Mazzot essen und die alten Lieder singen», so der Schriftsteller. Das Thema sei zwar «eine Antithese zur offiziellen Propaganda» im Irak, doch das Tabu beginne sich allmählich zu lockern – immerhin seien mehr als 2000 Jahre jüdische Geschichte nicht einfach wegzufegen.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  14.03.2025 Aktualisiert

Ausstellung

Chagalls fantastische Welten in Düsseldorf

Seine bunt-surreale Bildwelt fasziniert Menschen seit Jahrzehnten. Auch die dunkle Seite des jüdischen Malers rückt in den Fokus

 14.03.2025

K20 Kunstsammlung

Ungewöhnliche Werke von Marc Chagall in Düsseldorf zu sehen

Die Ausstellung mit 120 Werken beleuchtet Chagalls Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Armut und Geschlechterrollen

von Nikolas Ender  13.03.2025

Liraz

Das Trillern der Utopie

Die israelische Sängerin ist stolz auf ihre persischen Wurzeln. In Europa kämpft sie mit Konzertabsagen

von Tilman Salomon  13.03.2025

Kino

Der Wandel des »Ka-Tzetnik«

Eine Doku widmet sich dem Schoa-Überlebenden Yehiel De-Nur und seiner Auseinandersetzung mit dem »Planeten Auschwitz«

von Dietmar Kanthak  13.03.2025

Kino

Bonhoeffers Vermächtnis »verfälscht und missbraucht«

In seinem umstrittenen Film stilisiert der amerikanische Regisseur Todd Komarnicki den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer zu einer Erlöserfigur im Kampf gegen den nationalsozialistischen Terror

von Raimund Gerz  13.03.2025

Rechtsextremismus

Braune Musik verbreitet Hass: Rechtsrock in Deutschland

Rechtsextreme Musik trifft bei etlichen auf offene Ohren. Beobachter warnen: Die Rechtsrock-Szene blüht. Und sie kann ein »Türöffner« sein für rechtsextremistische Ideologien

von Alexander Lang  13.03.2025

Aufgegabelt

Hamantaschen mit Mohn

Rezepte und Leckeres

 13.03.2025

Pädagogik

Sicherheit vermitteln

Welche Herausforderungen der 7. Oktober mit sich bringt: Religionslehrer suchen Antworten auf schwierige Fragen beim jährlichen Treffen an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

von Ayala Goldmann  14.03.2025 Aktualisiert