Nachruf

Jüdisch-buddhistischer Atheist

Gene Wilder (1933–2016) Foto: imago

I love the show and I hate the business» (Ich liebe die Show und hasse das Geschäft), sagte Gene Wilder 2002 in der Larry King Show, und man sah ihm an, wie ehrlich er das meinte. Als er dieses Interview gab, war Wilder schon länger kein Hollywoodstar mehr. Bereits 1991 drehte er seinen letzten Kinospielfilm und wirkte 2002/2003 nur noch in zwei Folgen der Sitcom Will and Grace mit.

In den 70er-Jahren dagegen gehörte der 1933 als Jerome Silberman geborene jüdisch-amerikanische Schauspieler zu den populärsten und bestbezahlten Komikern überhaupt. In seiner 2005 nur auf Englisch erschienenen Autobiografie Kiss Me Like a Stranger beschreibt er, wie es dazu kam, dass er andere zum Lachen brachte. Im Alter von acht Jahren erlitt seine Mutter ihren ersten Herzanfall, und ihr Arzt Dr. Rosenthal gab dem kleinen Jerome den Rat: «Streite nie mit deiner Mutter. Es könnte sie umbringen. Aber versuche, sie zum Lachen zu bringen.»

klassiker Und so gab sich der junge Jerome Mühe. Er experimentierte mit jüdischen und deutschen Akzenten, und seine Mutter lachte. Später bewunderte er die fünf Jahre ältere Schwester bei einer Schulaufführung und wollte danach selbst Schauspielunterricht nehmen. Noch als Jugendlicher spielte er Theater und mit 19 Jahren in einer TV-Serie. Als er 26 war, nannte er sich Gene Wilder. Auf der großen Leinwand sah man ihn 1967 in einer Nebenrolle in dem Klassiker Bonnie and Clyde.

Ein Jahr später lernte Gene Wilder den Regisseur und Autor Mel Brooks kennen. Es war der Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Ihr erster gemeinsamer Spielfilm The Producers war eine wüste Anti-Nazi-Klamotte um jüdische Hochstapler, die mit einem Hitler-Musical bewusst einen Flop produzieren möchten, um sich dann nach Brasilien abzusetzen. Aber dann wird das Musical plötzlich ein Hit! Für die Bundesrepublik Deutschland war der Film zu starker Tobak und wurde erst 1976 unter dem deutschen Titel Frühling für Hitler gezeigt. Da war Gene Wilder längst ein erfolgreicher Komiker.

Allein Frankenstein Junior von Mel Brooks hatten 1975 über 3,5 Millionen Zuschauer in Deutschland im Kino gesehen. Zu den Running Gags des Films gehört, dass der von Wilder verkörperte Dr. Frederick Frankenstein unbedingt als «Fronkensteen» ausgesprochen werden möchte. Für jüdische Journalisten waren auch solche kleinen Details Anspielungen auf die jüdisch-russische Herkunft von Gene Wilder, der sich selbst in seiner Autobiografie folgendermaßen äußerte: «Ich bin überhaupt nicht religiös, aber ganz sicher jüdisch. Das bedeutet für mich hauptsächlich, dass meine Eltern mich als Kind sehr viel umarmten und küssten ...» In Interviews bezeichnete sich Wilder auch scherzhaft als «jüdisch-buddhistischer Atheist».

karriere Zu den Höhepunkten seiner Karriere zählt auch die Zusammenarbeit mit dem afroamerikanischen Komiker Richard Pryor. Beide verkörperten gerne ein ungleiches Paar. Gene Wilder führte aber auch immer öfter Regie, wie in seinem wohl bekanntesten Film als Filmemacher und Hauptdarsteller Die Frau in Rot aus dem Jahr 1984. Das Remake der französischen Komödie Un élephant, ça trompe énormément gehört nicht unbedingt zu den gelungensten Arbeiten Wilders, auch weil er für die Hauptrolle an der Seite des Topmodels Kelly LeBrock ein wenig zu alt wirkte. Einen Oscar gab es trotzdem – für Stevie Wonders Hit «I Just Called to Say I Love You».

In einer Nebenrolle wirkte auch Gene Wilders dritte Ehefrau Gilda Radner mit, die 1989 an Krebs starb. Wie sehr Gene Wilder Radner liebte und unter dem Verlust litt, hat er auch künstlerisch in seinen Büchern zu verarbeiten versucht.

In den letzten zehn Jahren war es ruhig geworden um Gene Wilder. Das Showbusiness war ihm immer egal, aber nie die Liebe zum Schauspiel und die Liebe zu Menschen. Das machte Gene Wilder immer wieder deutlich. Er starb am 29. August, nachdem er schon vor Jahren an Alzheimer erkrankt war.

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