Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die Kirchen aufgerufen, sich noch stärker von judenfeindlichen Skulpturen und Bildern an ihren Gotteshäusern zu distanzieren. »Lange wurde die öffentliche Zurschaustellung beleidigender, judenfeindlicher Darstellungen weder aufgearbeitet noch kritisch kommentiert.«
»Daran hat sich vieles geändert, auch wenn die Distanzierung immer noch keine Selbstverständlichkeit darstellt«, sagte er am Sonntagabend in Berlin zur Eröffnung der Fachtagung »Bilderverbot?! Zum Umgang mit antisemitischen Bildern und Schmähskulpturen an und in Kirchen«. Die dreitägige Konferenz wird von der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland, dem Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) und der Evangelischen Akademie zu Berlin ausgerichtet.
bildungsorte Es gebe an vielen Kirchen in Deutschland antisemitische Schmähplastiken, sagte Schuster weiter. Er wünsche sich, dass noch mehr davon als solche auch gekennzeichnet würden und über die dazugehörige Geschichte aufgeklärt werde, so Schuster. »Ein Benennen und Offenlegen judenfeindlicher Motive ist wichtig, um den Blick auch für die allgegenwärtigen Formen von Antisemitismus zu schärfen.« Wenn dies noch von kirchlichen und gesellschaftlichen Initiativen begleitet werde, könnten nachhaltige Bildungsorte entstehen.
Die Skulpturen von den Kirchen schlicht zu entfernen, greife zu kurz, »denn antijüdische Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen, indem man die steinernen Reliefs abschlägt und glättet«.
Die Skulpturen von den Kirchen schlicht zu entfernen, greife zu kurz, »denn antijüdische Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen, indem man die steinernen Reliefs abschlägt und glättet«. Schuster betonte: »Eine Entfernung solcher Skulpturen würde die Phänomene von Antisemitismus, die weiterbestehen, verkennen.« Er äußerte sich zum Auftakt einer bis Dienstag dauernden Tagung zum Umgang mit antisemitischen Bildern an und in Kirchen.
Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, sagte, eine Skandalisierung von judenfeindlichen Bildwerken an Kirchen sei richtig, da es sich auch um Skandale handele. »Zugleich merken wir, dass in der hocherregten Mediengesellschaft die Erregung oft genug zu fruchtlosen Polarisierungen und am Ende nur zu einer Erschöpfung führt.« Um aber etwas daraus zu lernen, bedürfe es eines vertieften und vertiefenden jüdisch-christlichen Dialogs.
debatte Doron Kiesel, wissenschaftlicher Direktor der Bildungsabteilung, hob hervor: »Die Frage ist, wie können wir aus diesen Zeitzeugnissen gemeinsam lernen, um eine Sprache zu finden, die für Juden und für Christen gleichermaßen deutlich macht, dass wir heute etwas gemeinsam verstanden haben.« Er habe den Eindruck, schon durch solch eine gemeinsame Debatte könnten »diese Figuren, wie brutal, wie kränkend und wie verletzend sie auch sind, ihre Wirkung allmählich verlieren«.
Die interdisziplinäre Fachtagung wird am Montag und Dienstag mit Vorträgen, Diskussionen und Arbeitsgruppen fortgesetzt. Zum Abschluss findet am Dienstag um 15 Uhr in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin-Mitte eine öffentliche Podiumsdiskussion statt, an der neben Doron Kiesel auch Ulrike Wendland, Geschäftsführerin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, die Literaturwissenschaftlerin Yael Kupferberg und Marion Gardei, Antisemitismusbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, teilnehmen werden. kna/ja
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