Eine wichtige Quelle für die Kenntnis des Judentums in Frankfurt Mitte des 18. Jahrhunderts ist nun zugänglich: Der Judaist Andreas Lehnardt hat die Handschrift eines jiddischen Purim-Spiels aus Frankfurt im Harrassowitz-Verlag veröffentlicht, wie das Bistum Mainz mitteilte. Die Handschrift wird in der Mainzer Martinus-Bibliothek aufbewahrt. Dort wurde am Dienstag die Neuerscheinung vorgestellt.
Das Manuskript von 1751 mit dem Titel »Le-Haman« (»Über Haman«) überliefert ein Ahashwerosh-Spiel, also eine Wiedergabe des Buches Esther in Form eines Dramas.
FESTKULTUR Purim-Spiele wurden vor dem gleichnamigen jüdischen Fest zur Unterhaltung und Belehrung aufgeführt. Der Band biete nun neben seiner Bedeutung als Quelle für die Kenntnis des Jiddischen auch Einblicke in die volkstümliche jüdische Festkultur.
Bibliotheksdirektor Helmut Hinkel hatte Lehnardt, der Judaistik an der Gutenberg-Universität Mainz lehrt, 2005 auf die Handschrift aufmerksam gemacht. Hinkel hofft, dass die Edition eine »lebhafte wissenschaftliche Diskussion anstoßen« möge.
Das Stück wurde in der Frankfurter Judengasse aufgeführt und kurz darauf vom Rat der Stadt verboten.
Bislang gibt es nur wenige Übersetzungen von Purim-Spielen. Normalerweise wurden die Spiele nicht aufgeschrieben, sondern mündlich weitergegeben.
JUDENGASSE Lehnardt wies darauf hin, dass eine im Jahr 1932 beabsichtigte Veröffentlichung dieses »bemerkenswerten Zeugnisses jüdischer Theaterkultur« aufgrund der politischen Umstände nicht umgesetzt werden konnte. Das Stück sei in der Frankfurter Judengasse aufgeführt und kurz darauf vom Rat der Stadt verboten worden.
Die Gründe dafür seien nicht ganz klar, wohl aber eher auf innerjüdische Konflikte zurückzuführen. Jedenfalls sei die Handschrift des Stückes damals teilweise mit einer deutschen Übersetzung für den Magistrat der Stadt angefertigt worden. Die Handschrift kam den Angaben zufolge dann über die Bibliothek des Goethe-Vertrauten Fritz Schlosser in die Martinus-Bibliothek in Mainz. kna