Stella Jürgensen hatte Lust auf etwas Neues. Nicht wieder die altbekannten jiddischen Lieder singen, jenes Standardrepertoire, das allein wegen seiner geringen Menge ständig wiederholt wird. Das Neue gefunden hat die Sängerin in den Gedichten der Lyrikerin Rajzel Zychlinski (1910–2001). Auf die Poeme war sie in der Bibliothek der Salomon-Birnbaum-Gesellschaft in ihrer Heimatstadt Hamburg gestoßen. Aus ihnen entstanden die zwölf Songs ihrer neuen CD Nakhtike Muzik.
»Diese Miniaturen haben mich sofort angerührt«, sagt Jürgensen. »Die Suche nach Heimat, die sich in den einfachen, naiven Bildern spiegelt, ist eine Suche, die ich von mir selbst kenne.«
lebenszyklus Die Lieder stammen aus dem gesamten Lebenswerk Zychlinskis, vom polnischen Schtetl ihrer Jugend bis zum Exil in Kalifornien. Nur eine Phase hat die Sängerin bewusst ausgelassen: »Von Schoa-Literatur lasse ich die Finger.«
Musikalisch sind in den Songs jiddische Melodien ebenso hörbar wie Balladen und Country- oder Blueselemente. An einer Stelle taucht sogar ein Anklang an John Lennons Imagine auf. »Diese Vielfalt hat sich im Probenkeller entwickelt«, sagt die Sängerin. »Ich wollte von Anfang an keine klassische Folkbegleitung, sondern habe bewusst die Nähe zu modernerer Musik wie Jazz gesucht.«
Komponiert hat die Lieder Ralf Böcker (Akkordeon, Piano, Klarinette), der neben der Sängerin und Andreas Hecht (Gitarre) den Kern der Band Ma Piroschka bildet. Um sie herum scharen sich Gastmusiker wie der Trompeter Paul Brody oder der Geiger Mark Kovnatsky. Von Böcker stammt auch der Bandname. »Ma Piroschka« hat er seine ungarische Großmutter genannt.
Wer will, kann Stella & Ma Piroschka demnächst live erleben. Am 12. Mai spielt die Band in der Berliner UFA-Fabrik, am 26. Mai tritt sie im Kieler Kulturforum auf.
Stella & Ma Piroschka »Nakhtike Muzik – Neue jiddische Chansons«. skip records 2012
www.ma-piroschka.de