Arolsen Archives

»Jeder Name zählt«

Das Projekt »Jeder Name zählt« der Arolsen Archives ist seit Freitag für die Öffentlichkeit zugänglich. »Jeder und jede ist eingeladen, unser zuletzt auf 26 Millionen Dokumente gewachsenes Online-Archiv zu verbessern«, sagte die Direktorin der Arolsen Archives, Floriane Azoulay, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Bad Arolsen. Bei dem Online-Projekt gehe es darum, Namen aus Deportations- und KZ-Listen für die Datenbank zu erfassen und damit die Schicksale der NS-Opfer vor dem Vergessen zu bewahren. Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 75. Mal. Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung gehört zum Unesco-Weltdokumentenerbe.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Frau Azoulay, mit »Jeder Name zählt« gehen die Arolsen Archives einen neuen Weg des Gedenkens. Wie funktioniert das Projekt?
Vor 75 Jahren befreiten die Alliierten die Konzentrationslager. In diesem Jahr können Menschen aufgrund der Corona-Pandemie nicht zusammenkommen, um der vielen Millionen Opfer zu gedenken, die von den Nationalsozialisten eingesperrt, ausgebeutet und ermordet wurden. Wir möchten mit dem Projekt »Jeder Name zählt« eine Möglichkeit des aktiven Gedenkens bieten, an der jede und jeder mit einem PC und einer stabilen Internetverbindung unkompliziert von zu Hause aus teilnehmen kann. Es geht darum, Namen aus Deportations- und KZ-Listen für unsere Datenbank zu erfassen und damit Schicksale dieser Menschen vor dem Vergessen zu bewahren. Seit 2016 veröffentlichen die Arolsen Archives nach und nach ihre Dokumentenbestände in einem Online-Archiv. Die meisten Nutzer suchen zuerst einmal nach Namen. Vor allem für Listen fehlt häufig die digitale Verknüpfung mit den Namen, die sie enthalten. Daher werden die Listen bei der Namensuche nicht gefunden. Zum Teil sind sie aber der letzte Hinweis auf das Schicksal eines Menschen, weil sie Informationen über zum Beispiel den letzten Aufenthaltsort eines Opfers bereithalten. Daher ist unser Ziel, dass alle Namen in allen Dokumenten in unserem Online-Archiv gefunden werden können.

Welche neue Art des Gedenkens ermöglicht »Jeder Name zählt«?
Die kaum fassbare Dimension der nationalsozialistischen Verbrechen tritt durch die große Zahl der Namenslisten in unserem Archiv deutlich zutage. Dass jeder Name ein Schicksal ist und dass man dieses individuelle Schicksal aufdecken kann, ermöglicht ein aktives Gedenken. Alle, die mitmachen, helfen dabei, dass Familien auf der ganzen Welt sehr einfach durch eine Online-Suche die Dokumente über die verfolgten Angehörigen finden können. Das ist eine sehr wertvolle und sinnstiftende Aufgabe. Wir wissen, dass Lernen über den Nationalsozialismus sehr viel Kontext braucht und normalerweise qualifizierte Lehrer, die komplexe historische Zusammenhänge vermitteln. Gleichzeitig aber sind die Ressourcen im Schulkontext sehr begrenzt. Das gilt aktuell durch die Maßnahmen angesichts der Pandemie mehr denn je. Wir erschaffen gemeinsam ein Denkmal aus historischen Dokumenten – für die Wahrheit, gegen Geschichtsverleugnung und Fake News. Ganz wichtig ist mir dabei, dass alle daran teilhaben können. Dadurch rückt unser Archiv mitten ins Leben.

Was möchten Sie mit dem Projekt erreichen?
Mit »Jeder Name zählt« möchten wir insbesondere auch jüngere Menschen mobilisieren und ihnen die Gelegenheit geben, die Erinnerung an die NS-Verfolgten als Teil der eigenen Erfahrung zu sehen. Historische Wahrheiten werden durch die aktive Mitarbeit und die individuellen Schicksale anders wahrgenommen. Jugendliche stellen instinktiv die richtigen Fragen und begreifen emotional das Ausmaß der NS-Verfolgung: wenn sie zum Beispiel die Namen einer ganzen Familie eingeben. Mit Kleinkindern, Jugendlichen und älteren
Menschen. Dass oft die letzte Spur vor der Ermordung der Opfer in den bürokratisch geführten Listen der Nationalsozialisten zu finden sind, ist eine sehr emotionale Erfahrung.

Das Gespräch führte Elisa Makowski.

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025

Omanut Zwillenberg-Förderpreis

Elianna Renner erhält Auszeichnung für jüdische Kunst

Die Schweizerin wird für ihre intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Biografie und Politik geehrt

 12.01.2025