Nach dem Weggang von Martin Kranz, dem ehemaligen Leiter der Jüdischen Kulturtage in Berlin, ist in seiner neuen Wirkungsstätte Weimar ein weiteres Festival entstanden. Die Achava-Festspiele, die Kranz nun schon zum dritten Mal organisiert, sind jedoch nicht bloß eine Berliner Neuauflage an einem anderen Ort.
Das Festival hat einen eigenen Charakter auch jenseits des Judentums entwickelt und stellt den Dialog zwischen den Kulturen ins Zentrum. »Natürlich folgt Achava schon dem Namen nach einem jüdischen Impuls, doch daran wollen wir nicht sklavisch festhalten«, sagt Kranz.
Davon spricht das diesjährige Festival Bände. Schon das Eröffnungskonzert mit der Band MoZuluArt ist ein Paukenschlag, bei dem eine Brücke zwischen Musik aus Zimbabwe und Mozarts Werken gebaut wird. Und auch beim Konzert des Chores tatarischer Mönche aus Kasan wird schwerlich Jüdisches erklingen. Der Konzertchor wird vielmehr geistliche Musik der christlich-orthodoxen Tradition vorstellen. »Das sind Sachen«, betont Kranz, »die hätte ich seinerzeit in Berlin gar nicht machen können.«
Tanztheater Bei einer solchen interkulturellen Vielfalt fällt es ihm denn auch schwer, irgendeinen Höhepunkt im diesjährigen Programm auszumachen, nicht einmal das Jazzkonzert mit dem großartigen israelischen Pianisten Omer Klein oder das Tanztheater mit der Schoa-Überlebenden Éva Pusztai-Fahidi.
Doch dann lenkt Kranz doch noch den Blick auf eine Veranstaltung, die ihm persönlich sehr am Herzen liegt, und zwar das Gesprächskonzert »Die Geige von Buchenwald«. Im Zentrum steht eine Geige, die das Konzentrationslager »überlebt« hat. Sie gehörte einst dem Schriftsteller Bruno Apitz, der mit diesem Instrument als Conférencier die Lagerkonzerte begleitete.
Martin Kranz hatte die Geige zum ersten Mal in der Asservatenkammer des Lagers gesehen – und dann kam eines zum anderen. »Es fühlte sich an, als hätte ich einen Stein ins Wasser geworfen und damit immer weitere Kreise gezogen.« Am Ende steht nun ein Konzert, bei dem das Instrument nach 72 Jahren erstmals wieder erklingen wird. Schon allein dafür lohnt der Weg zu den Achava-Festspielen.
Gypsymusiker Dabei gäbe es noch so viel mehr zu entdecken: Die Zusammenarbeit des Klezmerklarinettisten Helmut Eisel mit dem Gypsymusiker Joscho Stephan oder das erstaunliche Romano Glaszo Project, bei dem junge Roma, Juden und Ungarn gemeinsam singen und tanzen.
All das hat Platz bei den Achava-Festspielen. Und was an den elf Tagen zwischen dem 31. September und dem 10. Oktober nicht stattfinden konnte, wurde einfach hinten angehängt wie die Hebräischen Kammeropern von Michail Gnesin und Joseph Tal, die im November an den Bühnen der Stadt Gera erklingen werden. Die Achava-Festspiele überbieten sich erneut.
Achava-Festspiele Thüringen, 31. August bis 10. September