Als die deutsch-israelische Schulbuchkommission im Juni dieses Jahres die Ergebnisse ihrer vierjährigen Arbeit vorstellte, war der Tenor der beteiligten Experten einhellig: Israel wird in den deutschen Schulbüchern nahezu ausschließlich in Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt behandelt und darauf reduziert, ein »kriegführender Staat« in einer Konfliktregion zu sein. Verweise etwa auf die israelische Innenpolitik, die komplexe Zivilgesellschaft, die Geschichte des Jischuw vor der Staatsgründung oder die deutsch-israelischen Beziehungen fehlten dagegen nahezu völlig.
Obwohl die Experten ihre Ergebnisse keineswegs als pauschale Schulbuchschelte verstanden wissen wollten, gaben sie die klare Empfehlung ab, dass in deutschen Schulbüchern künftig ein »breiteres und facettenreiches Bild« Israels gezeichnet werden sollte.
Praxis Im Rahmen einer Tagung der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Deutschland, welche die »Bilder und Zerrbilder vom Anderen« behandelte, wurde nun in der vergangenen Woche in Berlin eine Lehrerhandreichung vorgestellt, die versucht, diese Empfehlungen für die Praxis anwendbar zu machen.
Die Quellensammlung Deutschland und Israel. Stationen eines einzigartigen Verhältnisses wurde von der Kultusministerkonferenz der Länder und der israelischen Botschaft in Auftrag gegeben und möchte dazu anregen, ein komplexeres und differenzierteres Bild von Israel in deutsche Klassenzimmer zu tragen. Auf knapp 30 Seiten finden Lehrer und Schüler Quellen zur wechselhaften und keineswegs gradlinigen Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen seit dem Luxemburger Abkommen 1952.
Israels Botschafter in Deutschland, Yakov Hadas-Handelsman, erinnerte daran, dass die deutsch-israelischen Beziehungen – auch im 50. Jahr ihres Bestehens – keineswegs selbstverständlich sind und Schulbücher »eine entscheidende Schnittstelle für die Festigung und den Ausbau« dieser Beziehungen bleiben. Die Handreichung leiste einen Beitrag dazu, die Bilder ausgeglichener zu gestalten. »Israel ist nicht gleich Krieg, Israel ist nicht gleich Konflikt, Israel ist nicht gleich Gewalt«, hob Hadas-Handelsman hervor.
Know-how Diese Haltung teilte auch Zentralratspräsident Josef Schuster. »Wenn die Solidarität mit Israel in weiten Teilen der Gesellschaft bröckelt, müssen wir unsere Hoffnung ganz in die Jugend setzen«, so Schuster. Weiterhin sei es gerade in einer Einwanderungsgesellschaft und immer heterogener werdenden Klassenzimmern wichtig, dass Themen wie die Schoa oder der Nahostkonflikt mit »absoluter Sensibilität und größtem Know-how« vermittelt werden.
»Die Herausforderung bestand für uns darin, die positiven Darstellungen der deutsch-israelischen Beziehungen zu fokussieren, sie aber nicht unterkomplex in einer Erfolgsgeschichte glatt zu bügeln«, sagte Jenny Hestermann, Mitarbeiterin am Frankfurter Fritz-Bauer-Institut, die die Handreichung mitentwickelt hat.
Dabei ging es den Verantwortlichen vor allem darum, den Schülern die Ambivalenzen des wechselseitigen Verhältnisses deutlich zu machen. »Wir wollten zeigen, dass es kein gradliniger Prozess war«, so Hestermann. Entsprechend gliedert sich die Quellensammlung nach Schwerpunkten, um die Hindernisse, die bei diesem Prozess auftraten, zu zeigen.
Derzeit finden Verhandlungen mit diversen Verlagen statt, damit die Handreichung möglichst bald in größerer Auflage gedruckt und für den Unterricht genutzt werden kann.