In Berlin hat am Mittwoch das renommierte Pop-Kultur-Festival begonnen. Doch nicht alle eingeladenen Künstler sind erschienen. Mindestens vier von ihnen haben ihren Auftritt wieder abgesagt. Der Grund: Die israelische Botschaft in Berlin hat die Teilnahme einer Band aus Israel an Pop-Kultur mit 5000 Euro bezuschusst. Die laut Deutschem Bundestag in Zielen und Handlungen antisemitische BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions) rief daher zum Boykott des Festivals auf, das vom 24. bis zum 26. August in Berlin stattfindet.
Dem Aufruf folgte zum Beispiel die Pariser Experimental-Pop-Musikerin Lafawndah. »Israel ist ein Apartheidstaat, der systematisch Palästinenser unterdrückt«, schrieb sie auf ihrem Instagram-Kanal. »Rassismus, koloniale Brutalität und Mord«, wirft sie Israel weiter vor. Ihren Auftritt bei Pop-Kultur habe sie abgesagt, da das Festival »durch die Fortführung der Partnerschaft mit Israel diese Verbrechen wissentlich weißwäscht«.
Boykott Den Beschluss des Bundestags von 2019, in dem dieser BDS als antisemitisch verurteilt, kennt Lafawndah offenbar, lehnt ihn aber ab. Dabei verweist sie auf die »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit«, mit der einige Kulturinstitutionen sowie Einzelpersonen den Beschluss als unzulässige Diskursverengung kritisierten. Die BDS-Bewegung hat das Ziel, Israel politisch und zivilgesellschaftlich zu isolieren, und ruft dazu auf, israelische Produkte, Wissenschaft und Kultur zu boykottieren. Besonders im Kunstbetrieb zeitigt BDS mit dieser Methode immer wieder Erfolge.
Das Festival Pop-Kultur war bereits in vergangenen Jahren Ziel von BDS-Kampagnen, da einzelne Künstler mit geringfügigen Beträgen, etwa als Reisezuschuss, Geld von der israelischen Botschaft erhielten. 2017 sagte der wichtigste Act des Festivals, »Young Fathers« aus Schottland, mit Bezug auf BDS wieder ab. 2018 folgten insgesamt zwölf Künstler dem Aufruf der Boykott-Bewegung.
Die Palästinenser seien »ein enteignetes Volk, das in einem Freiluft-Gefängnis lebt«, während Israel »ein kolonialer Ethno-Staat« sei, schreibt die Band Trustfall.
In diesem Jahr haben neben Lafawndah auch die Künstler Franky Gogo und Alewya sowie die Band Trustfall ihre Auftritte wieder abgesagt. »Das Thema Palästina und Israel ist nicht kompliziert«, schrieb die amerikanische Gruppe auf Instagram und erläuterte ihre Sicht auf den Nahostkonflikt.
Die Palästinenser seien »ein enteignetes Volk, das in einem Freiluft-Gefängnis lebt«, während Israel »ein kolonialer Ethno-Staat« sei, der »einen moralischen Freibrief von den Anführern der Welt« erhalten habe. Deshalb verurteile man das Pop-Kultur-Festival sowie »jedes Individuum oder jede Institution, die Geschäfte mit dem israelischen Regime macht«.
Verantwortung Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter des Bundes, hatte bereits in der Vergangenheit die Versuche von BDS, das Pop-Kultur-Festival zu boykottieren, kritisiert. »Zum wiederholten Male ruft die israelfeindliche BDS-Bewegung nun Künstler zu einem Boykott des Pop-Kultur-Festival auf, und mir fehlt jedes Verständnis dafür«, sagte er nun der Jüdischen Allgemeinen.
»Kunst und insbesondere Musik erreicht die Menschen in ganz besonderer Art und Weise«, woraus laut Klein eine besondere Verantwortung erwachse. »Gerade die verstörenden Vorgänge auf der ›documenta fifteen‹ haben unlängst gezeigt, wie wichtig ein sensibler Umgang mit Antisemitismus und der deutschen Geschichte in Kunst und Kultur ist.« Er ruft alle Künstler dazu auf, »sich mit dem Festival und seinen Machern zu solidarisieren.«
Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer äußerte sich per Twitter zu der BDS-Kampagne gegen das Pop-Kultur-Festival. »BDS operiert mit Boykottaufrufen und starker Beeinflussung von Künstlerinnen und Künstlern, verbreitet Unwahrheiten und schlicht Hass«, schrieb der Linken-Politiker. Wer dies tue, »muss sich Antisemit nennen lassen – und mit unserem entschlossenen Widerstand rechnen«.
Die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Bildung, deren Chef Lederer ist, gehört ebenso zu den finanziellen Förderern des Festivals wie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth. Bei der Eröffnung des Pop-Kultur-Festival sagte sie: »Autoritären Druck, wie ihn BDS-Aktivist*innen immer wieder und jetzt wieder gegen alle richten, die ihre Ansichten nicht teilen, werden wir nicht tolerieren.«
Dialog In einer Pressemitteilung erklärte das Pop-Kultur-Festival, die Bezuschussung von Künstlern durch die Botschaft ihres Landes sei »eine gängige Praxis im internationalen Kulturaustausch«. Neben Israel haben auch Kanada sowie die belgische Region Wallonien finanzielle Unterstützung geleistet. Das Festival bedauere die Entscheidung einzelner Künstler, nicht aufzutreten, akzeptiere diese aber. »Wir glauben weiterhin daran, dass Diskurs und Dialog der einzige Weg sind, mit Konflikten umzugehen«, heißt es in dem Statement.