Die 18 Juroren des Arthur-Rubinstein-Klavierwettbewerbs vollbringen eine Höchstleistung an Konzentration: 15 Tage lang lauschen die renommierten Musiker, Lehrer und Preisträger dem Klavierspiel von 36 talentierten Teilnehmern: stundenlang Bach, Beethoven, Chopin, Mozart, Ravel, Schumann, Brahms und Bartok.
Da hat es das Publikum schon leichter: Für jede Session – immer drei Teilnehmer, die jeweils 50 Minuten spielen – können sie Einzelkarten kaufen. Doch manche sind so große Liebhaber, dass sie sich für den Wettbewerb Urlaub nehmen, eine Dauerkarte kaufen und 15 Tage lang zuhören. »Am interessantesten ist es, wenn zwei das gleiche Stück spielen und man direkt vergleichen kann«, sagt ein junger Dauerkartenbesitzer.
Niveau Und dann gibt es natürlich noch die Teilnehmer. Dieses Jahr, zum 40. Geburtstag des Wettbewerbs, haben sich 36 von rund 150 Bewerbern qualifiziert. Allesamt Nachwuchspianisten, aber bereits auf höchstem Niveau. »Sie müssen eine Reihe von Konzerten und Wettbewerbsteilnahmen nachweisen«, erklärt die Direktorin der Internationalen Arthur-Rubinstein-Gesellschaft, Idith Zvi, selbst ausgebildete Pianistin.
Kein einziger Teilnehmer kommt aus Deutschland, nur einer aus ganz Westeuropa: ein Italiener. Ferner nur ein einziger Israeli: Ran Dank. Der 32-Jährige, der seine Ausbildung mit sieben Jahren begann, lernte bei Liora Peleg am Konservatorium in Givatajim, dann in Jerusalem und schließlich an der Rubinstein-Musik-Akademie. Vor neun Jahren zog er nach New York und studierte an der renommierten Julliard weiter. Im laufenden Wettbewerb hatte er sich bis in die zweite Runde gespielt. Unter die letzten Sechs, die noch bis Ende dieser Woche um den Titel kämpfen, hat er es nicht geschafft.
Idith Zvi bedauert, dass sich immer weniger israelische Künstler qualifizieren. Schließlich war im Jahr 1974 eines der Ziele des Wettbewerbsgründers Jan Jacob Bistritzky, »eine Verbindung des künstlerischen Vermächtnisses von Arthur Rubinstein und dem israelischen Kulturleben zu schaffen«. Der aus Polen eingewanderte Leiter des Fryderyk-Chopin-Institutes hatte Rubinstein in Warschau kennengelernt.
Trend Der große Rest der Konkurrenten des laufenden Wettbewerbs in Tel Aviv sind Osteuropäer und Asiaten. »Das ist ein weltweiter Trend, der sich hier wiederspiegelt«, sagt Idith Zvi. Früher waren die Teilnehmer europäisch, amerikanisch und israelisch. »Heute kommen sie oft aus Asien und Russland.« Die Ursache erklärt sie sich so: »Sie sind disziplinierter. Sie üben.«
Dennoch setzen die Juroren nicht nur auf brillante Technik. Es gehört schon mehr dazu, um als würdiger Nachfolger Rubinsteins zu gelten: Persönlichkeit, Charisma und Hingabe an die Musik. »Wir suchen jemanden, von dem man sagt: Ich will noch mehr von ihm hören«, beschreibt es Idith Zvi. Wer gewinnt, dem ist eine internationale Karriere gewiss. Das sieht man nicht nur an Daniil Trifonov, dem Sieger von 2011. Der Wettbewerb hat etwa auch Kirill Gerstein und Alexander Gavryluk den Weg geebnet. Neben dem Preisgeld und dem Renommee sind die Medaillen etwas Besonderes: Pablo Picasso hat sie entworfen.
Der lebensfrohe, so gar nicht auf Technik getrimmte und trotzdem begnadete Pianist Rubinstein saß übrigens zweimal in der Jury des Wettbewerbs mit seinem Namen. Idith Zvi sagt, er selbst hätte wahrscheinlich niemals an diesem Wettbewerb teilgenommen: »Aus Angst, es nicht ins Finale zu schaffen.«