Graphic Novel

In Zeiten des Krieges

Boaz Yakins aufrüttelndes Epos »Jerusalem. Ein Familienporträt«

von Moritz Piehler  03.08.2015 18:02 Uhr

Die in Schwarz-Weiß-Tönen gehaltene Graphic Novel nimmt den Leser mit auf eine Reise ins Jerusalem der Jahre 1945 bis 1948. Foto: Panini

Boaz Yakins aufrüttelndes Epos »Jerusalem. Ein Familienporträt«

von Moritz Piehler  03.08.2015 18:02 Uhr

Jerusalem, was für ein Name, was für ein Symbol. Seit Jahrhunderten streiten sich die Weltreligionen um die Heilige Stadt, nie war sie einfach nur ein bloßer Wohnort. Der US-Drehbuchautor Boaz Yakin nähert sich jetzt über eine gezeichnete Familiengeschichte dem historischen Phänomen Jerusalem in der Gründungszeit des Staates Israel. Dafür ersann Yakin die Brüder Izak und Yakov Halaby, deren komplizierte Beziehung sich als Leitfaden durch die Handlung zieht, die im Jahr 1945 beginnt und bis zur Staatsgründung 1948 erzählt wird.

Es war jedoch nicht allein Yakins Interesse am Thema, das ihn zur Erzählung dieser Geschichte bewogen hat. Seine eigene Familie ist eng mit dieser Epoche der Stadt verwoben. Yakin wurde 1966 in eine klassische New Yorker Immigrantenfamilie hineingeboren. Sein Vater stammt aus einer jüdisch-syrischen Familie, mütterlicherseits kommen die Vorfahren aus Polen. Geboren aber wurden seine Eltern in Israel.

Multitalent Yakin selbst kam über den Film zur Graphic Novel, bereits mit 19 verkaufte er sein erstes Drehbuch. Seitdem kamen zehn weitere Drehbücher dazu, bei sieben Filmen stand er selbst als Regisseur hinter der Kamera. Zuletzt erschien mit Max in diesem Jahr ein Film, bei dem das Multitalent das Drehbuch schrieb, Regie führte und Produzent war.

Diese Fähigkeit, eine Geschichte aus verschiedenen Perspektiven betrachten zu können, kommt auch seiner zweiten Graphic Novel zugute. Jerusalem ist fast filmisch erzählt, schneidet zwischen Szenen hin und her und zeigt Close-ups von Gesichtern. Das liegt auch an den wunderbar einfachen Zeichnungen von Nick Bertozzi, die mit Yakins Erzählstil Schritt halten.

Die Idee, eine Familiengeschichte aus den prägenden Jahren Jerusalems zu erzählen, kam Yakin, als er sich mit seinem Vater unterhielt. Dessen Erzählungen aus der britischen Besatzungszeit, die er selbst als kleiner Junge in Jerusalem erlebte, motivierten ihn, sich stärker mit dem Thema zu beschäftigen. Gemeinsam mit Bertozzi entwickelte er die Geschichte der beiden Brüder Izak und Yakov Halaby, die zutiefst zerstritten und nur noch durch die Freundschaft ihrer beiden Söhne Motti und Jonathan verbunden sind.

Konflikte Es ist auch der junge Motti, der zum heimlichen Helden der Erzählung wird. Während sich die älteren Söhne in den politischen Konflikten der Zeit aufreiben und zwischen Kommunistischer Partei und Hagana ihren Weg in die Zukunft des Landes suchen, erlebt Motti die Stadt zunächst noch als Abenteuerspielplatz zwischen Märkten und Lehrern, gegen deren strenges Regime er immer mehr aufbegehrt. Aber auch Mottis und Jonathans Leben bleiben von der politischen Großwetterlage nicht unberührt. Im Verlauf der Erzählung nimmt die Auseinandersetzung um die Stadt immer mehr Raum ein, bis schließlich 1948 der Unabhängigkeitskrieg folgt.

Dazwischen stellt Yakin immer wieder die innerfamiliären Konflikte zwischen den Brüdern beider Generationen. Denn der politische Riss durch die Gesellschaft zieht sich auch durch die Familie Halaby. Jerusalem ist auch dank dieses persönlichen Bezuges des Autors zu einem sehr eindrücklichen Stück Geschichtserzählung geworden, von dem die Leser gemeinsam mit der Familie Halaby in diese stürmischen Anfangsjahre des israelischen Staates zurückversetzt werden.

Boaz Yakin: »Jerusalem. Ein Familienporträt«. Panini, Stuttgart 2015, 404 S., 29,99 €

Bochum

Gil Ofarim kündigt Konzert an

Gerade erst zeigte er sich geläutert - nun kündigt er neue Pläne an

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024