Marek Gorsky ist Berliner Polizist. Und Jude. Was in US-Krimis eine Selbstverständlichkeit ist, kommt im deutschen Fernsehen einer kleinen Sensation gleich. Nur dass Regisseur Dominik Graf in der Serie »Im Angesicht des Verbrechens« keine daraus macht. Gorsky ist ein normaler Bulle, so wie auf der Gegenseite die jüdischen Angehörigen der Russenmafia in erster Linie Kriminelle sind. Im Krieg zwischen Gangstern und Gesetz spielt die Herkunft keine Rolle.
Kampfszenen aus diesem Krieg zeigt die zehnteilige Serie, die freitagsabends im Ersten läuft. Gorsky jagt einen führenden Berliner Russen-Mafioso, was zusätzlich erschwert wird, weil der Ermittler persönlich involviert ist. Sein Schwager gehört selbst zum Umfeld der organisierten Kriminalität.
Auf Gangsterromantik à la »Der Pate» verzichtet die Serie ebenso wie auf putzige Mätzchen in Tatort-Manier. Graf zeigt das kriminelle Milieu als gewöhnlichen Teil des Alltags der Hauptstadt, jenseits aller »Be-Berlin«-Imagekampagnen. Aus dieser schnörkellosen Nüchternheit gewinnt die Serie ihre Durchschlagskraft. »Im Angesicht des Verbrechens» ist keine leichte Krimikost, sondern hard-boiled in bester amerikanischer und französischer Thriller-Tradition. Die Geschichten gehen unter die Haut. Nach jeder der Doppelfolgen braucht der Zuschauer Zeit, sich seelisch zu erholen – das Zeichen eines wirklich gelungenen Thrillers. »Eine Serie, wie man sie noch nie in der ARD gesehen hat«, sagt deren Marketingdirektor. Der Mann hat leider recht.
»Im Angesicht des Verbrechens«
ARD, freitags 21.45 und 22.35 Uhr