Vor ein paar Wochen hat Raffaela Wais das Studienzimmer in Berlin-Charlottenburg vorübergehend mit dem Fernsehstudio in Köln-Ossendorf getauscht. Seitdem hat die 22-Jährige Zuschauer und Jury der Castingreihe »X Factor« begeistert. Mit Liedern wie »Single Ladies« von Beyoncé oder »Someone Like You« von Adele konnte sie überzeugen und stand am Dienstagabend in der Endausscheidung. Damit hat sie sich selbst einen Traum erfüllt: »Ich wollte unbedingt ins Finale.«
Raffaela, die mit Songs wie dem Pink-Hit »Raise Your Glass« oder im Duett mit der amerikanischen R&B-Sängerin Kelly Rowland gegen ihren Mitstreiter David Pfeffer antrat, überzeugte mit ihrer gefühlvollen Stimme. Für den ersten Platz reichte es zwar nicht, aber der Weg, den sie bis ins Finale genommen hatte, war beachtlich genug: Von anfangs über 25.000 Talenten kam Raffaela unter die letzten vier. Ein Riesenerfolg für die junge Frau. Und eine große Freude für die ganze Familie, die zu jeder Show nach Köln reiste: Mutter Dana, Schwester Evita und Vater Boris: »Wir sind so stolz, dass Raffaela die Menschen in unserem Land begeistern kann.«
Raffaela Wais ist in Berlin geboren, ihre Mutter stammt aus Lettland, der Vater aus der Ukraine. Sie besuchte die Grundschule in der Delbrückstraße, später das Jüdische Gymnasium in der Großen Hamburger Straße. Im Jugendzentrum der Jüdischen Gemeinde war sie eine Weile aktiv, »danach hatte ich leider keine Zeit mehr dazu«.
Gesang und Glaube Gesungen hat sie schon als kleines Mädchen. Aber öffentliche Auftritte waren damals noch nicht ihr Ding. »Dafür war ich noch viel zu schüchtern«, erinnert sie sich. Im Kinderensemble »Bim-Bam«, in dem sie drei Jahre mitwirkte, schnupperte sie erste Bühnenluft, zum Beispiel bei Veranstaltungen im Gemeindehaus in der Fasanenstraße. Es folgte privater Gesangsunterricht und der Wunsch, mit der Musik einmal richtig Erfolg zu haben.
Nur bestanden die Eltern erst einmal »auf eine anständige Ausbildung«. So fiel die Entscheidung zum BWL-Studium im Touro College Berlin. Daneben blieb aber auch immer etwas Zeit für einige Auftritte vor der Kamera. »Bis jetzt hatte ich leider nur kleine Nebenrollen, aber auch die Schauspielerei macht mir großen Spaß.«
Mit ihrem Erfolg in der Talentshow steht sie ganz im Mittelpunkt: Auftritte, Proben, Gespräche mit Radiosendern, Fotos für Zeitungen, Fernsehaufnahmen in der elterlichen Wohnung in Berlin. Sie hat gelernt, mit dem Trubel umzugehen. »Es ist für mich eine Ehre, dass sich so viele Menschen für mich interessieren. Ich bin der glücklichste Mensch der Welt.« Und Glück kommt nicht von allein. Sie setzt auch auf ihren Glauben. »Ich habe inzwischen begonnen, Schabbatkerzen zu zünden und Kaschrut zu halten, soweit es möglich ist«, verrät sie.
Derzeit telefoniert sie auch einmal wöchentlich mit dem Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal. »Das ist eine große Unterstützung. Und die Gebete geben mir Kraft, Stärke und Mut.« Hat Religion inmitten von Glanz, Glimmer und Scheinwerferlicht einen Platz? »Das passt auf jeden Fall mit hinein«, ist sich Raffaela Wais sicher.
Lesen Sie mehr über Raffaela Wais in der kommenden Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen (Erscheinungsdatum: 8. Dezember 2011).