Yael Naim, Sie sind in diesem Jahr mit dem französischen Preis »Victoire de la Musique« als beste weibliche Sängern ausgezeichnet worden. So wie vor Ihnen berühmte Künstlerinnen wie Françoise Hardy oder Vanessa Paradis. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Der Preis fühlt sich gut an. Mir war gar nicht bewusst, mit wem zusammen wir nominiert waren und auch nicht, wer ihn schon vorher erhalten hatte. Aber die Band und ich – wir alle waren natürlich sehr froh darüber, haben aber trotzdem bis zum letzen Moment nicht mit der Auszeichnung gerechnet. Dass unsere Arbeit öffentlich wahrgenommen wird, ehrt uns außerordentlich.
Anders als bei Ihrer vorherigen CD »Yael Naim«, auf der es viele hebräische Songs gibt, singen Sie auf ihrer neuen Produktion »She was A Boy« ausschließlich Englisch. Warum?
Ich kehre so zu meinen Wurzeln zurück. Denn schon auf meinem ersten Album gab es englische Songs. Als »Yael Naim« aufgenommen wurde, hatte ich kurz zuvor Israel verlassen und mich von meinem Freund getrennt. Die Lieder sind auf Hebräisch, weil ich Heimweh hatte und das Gefühl, dass ich mit meinem alten Zuhause in Verbindung bleiben müsse. Auch jetzt versuche ich, hebräische Texte zu schreiben, aus Liebe zur Sprache.
Fühlen Sie sich mehr als Israelin oder Französin?
Als Mensch bin ich beides. Und als Künstlerin muss man sowieso ganz offen für alles sein. Aber die Art, wie wir zum Beispiel Musik produzieren, ist definitiv französisch. Ich lebe in Frankreich. Und das prägt mich.
Sie sind in Paris geboren und dann im Alter von vier Jahren mit Ihren Eltern nach Israel ausgewandert. Wie fühlt es sich heute an, dort zu spielen?
Unsere Musik wurde in Israel zunächst verhaltener aufgenommen als in Europa. Fast nach dem Motto: »Mal sehen, was die Kleine, über die jeder spricht, da so singt.« Aber unsere Konzerte in Tel Aviv waren dann sehr schön, und ich glaube, wir haben den Kontakt zum Publikum gefunden.
Im vergangenen Jahr haben Künstler wie Elvis Costello oder die amerikanische Band Pixies ihre Konzerte in Israel abgesagt, aus Protest gegen die Palästinenser-Politik. Was halten Sie von derartigen Boykotten?
Ich halte nicht viel davon. Ich bin Israelin und liebe mein Land, aber wir sind in einer komplizierten Situation, und zuallererst gilt es, die freie Meinungsäußerung zu bewahren. Künstler haben das Recht, ihre Auftritte abzusagen. Einige – auch ich – fürchten, sie könnten die Gunst der Öffentlichkeit verlieren, weil diese die Handlungen irgendeiner Regierung, sei es die israelische, französische oder amerikanische, für verdammenswert hält. Und um möglichem Ärger aus dem Weg zu gehen, macht man um die betreffenden Länder einen Bogen.
Mit der Sängerin sprach Katrin Richter.