Die Antisemitismus-Skandale rund um die diesjährige documenta nehmen kein Ende. Nachdem in den vergangenen Tagen weitere, antisemitische Werke identifiziert worden sind, steht nun der neu eingesetzte documenta-Geschäftsführer Alexander Farenholtz massiv unter Druck.
Doch in einem Interview mit »hessenschau« weist der Kulturmanager jetzt jede Verantwortung von sich und erklärte, dass er sich ohnehin nicht dazu berufen fühle zu sagen, was »was Antisemitismus genau ist«.
»Ich rätsele ein bisschen, was ich zu diesem Vorwurf sagen muss. Ich fühle mich nicht angesprochen.«
documenta-Chef Farenholtz
Ein kurzer Blick zurück: Auf den antisemitischen Großbanner »People’s Justice« des indonesischen Künstlerkollektiv Taring Padi, das den Rücktritt der documenta-Generaldirektorin Sabine Schorman zur Folge hatte, folgte vor wenigen Tagen der Fund weiterer antisemitischer Abbildungen auf der documenta.
Das ergab eine Untersuchung der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen). Die RIAS-Projektleiterin Susanne Urban verifizierte diese Meldung. Eine Besucherin hatte Darstellungen in einer Broschüre mit dem Titel »Presence des Femmes« gemeldet.
Die Broschüre erschien 1988 in Algier und enthält Zeichnungen, die antisemitische Stereotype bedienen und dem Staat Israel sein Existenzrecht absprechen. Sie stammen von dem syrischen Künstler Burhan Karkoutly.
Das American Jewish Committee und die FDP forderten, dass die documenta sofort abgebrochen werden müsse. Auch Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, erklärte, dass es »kaum mehr vorstellbar« erscheine, dass die Kunstschau bis zum offiziellen Ende am 25. September 2022 geöffnet bleibt.
Alexander Farenholtz lehnt indes solche Forderungen strikt ab: »So eine Aussage kann nur von jemandem kommen, der sich mit der Dynamik von Kunstausstellungen nicht auskennt.«
Weiter betonte er, dass die documenta in dieser Debatte kein Gesprächspartner sei und dies »auch nicht sein kann oder will.« Vielmehr sei sie das »Objekt der Betrachtung.« Die Debatte müssten andere führen, findet Farenholtz.
Auch von der Kritik der Jüdischen Gemeinde Frankfurts, die dem neuen documenta-Chef die Verharmlosung von Antisemitismus vorwarf, fühle sich Farenholtz nicht angesprochen. Zudem finde er, dass er sich zu der Frage, was Antisemitismus ist und was nicht, nicht äußern sollte, weil er »nicht die nötige Expertise dazu habe«.
Position Ähnlich äußerte er sich zu der Frage, ob er die neu entdeckten und als lupenrein antisemitisch eingestuften Karikaturen, ebenfalls als judenfeindlich bewerte: »Ich fühle mich nicht berufen zu beurteilen, welchen Charakter Exponate dieser documenta haben dürfen und welchen nicht. Das obliegt alleine der künstlerischen Leitung.« Eine Position dazu möchte er deshalb nicht einnehmen.