Mein Name ist Joshua Feldenkrais. Ich bin Jude, ich bin schwul, und ich bin Mormone.» Letzteres wurde der junge Mann, weil er sich in New York während des Studiums einsam fühlte und dann eine – ausgerechnet ebenfalls verfolgte zionistische – Gemeinschaft entdeckte, die er bisher vermisst hatte.
Seine atheistischen Eltern waren natürlich entsetzt, sie «bewiesen» ihm in einem langen Brief, «dass alle Religionen sich gleichen wie eine lockere Schraube der anderen»; und seine Großmutter, die in ihrer Wohnung Krabbencocktails und Melone mit Prosciutto serviert, erklärte ihn zum «Verräter» an den Juden.
Falklandinseln Aber das liegt jetzt alles hinter Joshua. Jetzt ist er Radiojournalist auf den Falklandinseln. Denn als ihn seine Mutter auf eine Kreuzfahrt in Richtung Antarktis schickt, passiert das, was im Roman stets nur als «die betrüblichen Ereignisse, über die wir ungern reden», bezeichnet wird: ein Atomkrieg und eine nachfolgende Seuche, die fast die gesamte Menschheit ausrottet. Nur eine kleine Gruppe überlebt auf den Falklandinseln.
Angefangen hatte der Untergang mit einer «schmutzigen Bombe», danach bewarfen sich Indien und Pakistan, die arabische Welt und Israel und am Schluss alle anderen mit Atombomben. Die anschließende Seuche wurde von Wissenschaftlern aus Nordkorea entwickelt: Die indes, heißt es im Roman, «haben ihr Plansoll übererfüllt – und im Eifer tatsächlich vergessen, einen rettenden Impfstoff zu entwickeln».
Und so geht das Leben auf den Falklands seinen Gang. Der Gouverneur, Stellvertreter der Königin, regiert, es gibt Militär, es gibt Pubs und die üblichen skurrilen Engländer, einen muslimischen Arzt und vertrottelte Polizisten. Dann wird der Gouverneur, «Ralphie», mit einer Churchill-Büste erschlagen, und zwar in einem hermetisch verschlossenen Raum. Nach uns die Pinguine ist also nicht nur ein postapokalyptischer Roman, sondern auch ein Krimi, in dem der Held und Ich-Erzähler selbst ermitteln muss. Dass er dabei zunächst einen entscheidenden Hinweis im Pub übersieht und danach selbst verhaftet wird, ist eigentlich klar und dem Genre geschuldet.
Fish and Chips Mit großer Verve und brillant-schwarzem Humor erzählt Hannes Stein die Geschichte von Joshua Feldenkrais, die uns in die Abgründe der Weltgeschichte führt und in der es um Euthanasie und Weltkriege geht, Fish and Chips, britische Königstreue, das Überleben der Israelis und die Geschichte des Krimis. Vor allem aber ist die Handlung auch eine Parodie auf die «Locked-Room-Mysteries».
Und als der Fall schließlich ganz klassisch aufgeklärt wird, nachdem ausgerechnet der Dorfsäufer Joshua mit der Axt aus dem Gefängnis befreit, erreicht ein israelisches U-Boot die Falklandinseln. An Bord ist der schon vor dem Krieg ernannte neue Gouverneur, ein englischer Jude, der sich einige Jahre lang in den Qumran-Höhlen vor Arabern und der Strahlung versteckt gehalten hat. Mit seiner Ankunft ist die Welt wieder in Ordnung, wie es sich in einem guten Krimi gehört.
Dass hinter all dem großen Spaß, den der Roman bereitet, auch viel Ernst steckt, liegt auf der Hand. Denn entfernt spielen auch ein weiterer Atomkrieg, Korea und der US-Präsident ebenso eine Rolle wie der Umgang mit Flüchtlingen und die Gefahr durch den «IS». Ernste Themen, aber schön verpackt in einem ironischen und spannenden Roman.
Hannes Stein: «Nach uns die Pinguine». Kiepenheuer & Witsch, Köln 2017, 208 S., 17 €