Jede gesellschaftliche Gruppe hat einen bestimmten Prozentsatz charakterlich fragwürdiger Individuen. Auch in der jüdischen Gemeinschaft gibt es solche Leute. Und wie ihre nichtjüdischen Pendants scheinen sie sich vorzugsweise in der AfD zu versammeln. Dort gibt es einen Verein namens »Juden in der AfD«. Wie jüdisch dessen Mitglieder tatsächlich sind, ist offen. Einer ihrer Vorturner, ein hessischer Landtagsabgeordneter namens Dimitri Schulz, bekennt sich zum Glauben an Jesus Christus, womit er sich nach halachischen Kriterien aus dem Judentum verabschiedet hat.
Israel Jude sein will Herr Schulz dennoch und ist deswegen besonders verärgert, dass seinetwegen eine hessische Landtagsdelegation beim Besuch in Israel von allen Offiziellen geschnitten wurde. Der jüdische Staat empfängt prinzipiell keine Politiker der rechtsradikalen Partei. Das ist dort Regierungspolitik.
Jetzt fühlen sich Schulz und seine Freunde diskriminiert. Einen Schuldigen dafür haben sie auch schon ausgemacht: den israelischen Botschafter in Berlin, Jeremy Issacharoff. Der hatte mehrfach die AfD wegen ihres fragwürdigen Umgangs mit der Schoa kritisiert. Das will die Gauland-, Gedeon- und Höcke-Partei nicht auf sich sitzen lassen. Sie hat deshalb eine ziemlich wüste Kampagne gegen Issacharoff gestartet.
Wohl der erhofften propagandistischen Wirkung wegen schickt sie dabei ihre angeblich oder tatsächlich jüdischen Hilfswilligen vor. Die »Juden in der AfD« haben einen Appell an keinen Geringeren als den israelischen Ministerpräsidenten persönlich gerichtet: »Herr Netanjahu, befreien Sie uns von diesem Botschafter!«
Soziale Medien In den sozialen Medien gehen sie den Botschafter auch persönlich an: »Lernen Sie deutsch, wenn Sie hier Botschafter sind!«, twitterte die Gruppierung in bestem germanischen Herrenmenschenton, wenn auch grammatisch falsch.
Soweit könnte man das noch als Lächerlichkeit abtun. Bei Absurdität aber belassen es die AfD-»Juden« nicht. Sie werden auch noch unanständig und attackieren Issacharoffs Familie. Seine Frau nehmen die AfDler ins Visier, weil sie als Vertreterin der angesehenen zionistischen NGO »The Israel Project« einmal Mahmud Abbas getroffen hat. Und den Sohn, weil er in linken israelischen Organisationen aktiv ist.
Likud Das hat die Likud-geführte Regierung nicht daran gehindert, den Vater zum Botschafter zu ernennen. In Israel ist es nicht selten, dass in Familien das politische Spektrum von links bis rechts vertreten ist. Doch die »Juden in der AfD« scheinen sich statt an jüdischen Traditionen eher am Nazi-Prinzip der Sippenhaft zu orientieren oder an der stalinistischen Politik, die Angehörigen von »Volksfeinden« gleich mit zu bestrafen.
»Jeremy Issacharoff kann, wenn er schon als Vater versagt hat, kein geeigneter Mann sein für den Posten des israelischen Botschafters«, verkünden sie. Das ist ebenso dumm wie perfide. Oder um es mit einem jiddischen Begriff zu nennen, der übrigens identisch mit dem deutschen Wort ist: »Dreck«.