New York zwischen beiden Weltkriegen. Genauer: die Bowery im Süden von Manhattan, eine bis heute verrufene Straße an der Grenze zu Chinatown – das ist der eine Protagonist in Jami Attenbergs neuem Roman Saint Mazie.
Ebenjene »heilige« Mazie Phillips ist die andere Hauptperson, die sich von einer jüdischen Straßengöre zur souveränen Streetworkerin aus eigener Bestimmung entwickelt, auch wenn sie aus ihrem Viertel noch nie herausgekommen ist und die allermeiste Zeit im Kino verbringt.
Männergeschichten Über mehrere Jahrzehnte schildert Attenberg das Leben von Mazie, die einem schon auf den ersten Seiten ans Herz wächst. Frech, mutig und stark schlägt sich die Streunerin mit dem Herzen am rechten Fleck durch ein Leben mit Armut, Alkohol und etlichen meist sehr turbulenten Männergeschichten.
Die 1971 geborene Autorin aus Brooklyn gibt der Geschichte über diese unkonventionelle Heilige mit einer virtuosen Montage aus schnellen Schnitten von Tagebucheintragungen und Stimmen von Mazies Nachbarn ein rasantes Tempo, ohne den Leser je zu hetzen. Alle legen in diesem fulminanten Roman Zeugnis ab von einem New York, das es heute nicht mehr gibt. So entsteht quasi nebenbei eine ungewöhnliche Liebeserklärung an Manhattan – und nicht zuletzt an den sogenannten einfachen Menschen, den es so hoffentlich noch lange geben wird.
Jami Attenberg: »Saint Mazie«. Roman, Schöffling, Frankfurt/M. 2016, 384 S., 24 €