Wenn ein Vogel und ein Golem tanzen, geben sie ein ungleiches Paar ab. Untote Urgewalt trifft auf zerbrechliches Leben. Ähnlich vereint die schwedische Band »Dibbukim« auf ihrer ersten, jüngst erschienenen CD Az a foygl un a goylem tantsn musikalische Widersprüche zu etwas Einzigartigem. Denn eine Vermählung von traditionellen Klesmerklängen mit Heavy Metal und Texten auf Jiddisch hat die Welt noch nicht gehört.
stahlriffs Schon das Intro kündet von der Extravaganz: Leise säuselt die Oboe zur leicht gezupften Gitarre, bis gewitterartig schnelle Stahlsaiten-Riffs hereinbrechen, nur um von der Melodie-Gitarre hernach wieder eingelullt zu werden. Von solch brüchiger Konstanz sind alle zwölf Titel des Albums, in dem verschiedenste Einflüsse zur Geltung kommen und neben der omnipräsenten Geige viele Instrumente zu hören sind. Zwischen Gitarrengetöse und minimalistisch-melodiösen Parts nimmt sich der zweistimmige Wechselgesang von Ida und Niklas Olniansky als das harmonisch verbindende Element aus.
Vor knapp zwei Jahren beschlossen die beiden, jiddische Musik der härteren Gangart zu machen, zwei Mitstreiter waren im musizierfreudigen Freundeskreis rasch gefunden. Neben eige- nen Kompositionen schwingt ganz bewusst die jiddische Erzähltradition in ihrer Musik mit. So vertont Dibbukim bekannte Volkslieder wie das für sie emblematische Yidl mitn Fidl, Oyfn veg shteyt a boym und Papirosn von Herman Yablokoff.
In der Eigenkomposition Hinter dem tol, das sich als Anspieltipp empfiehlt, gipfelt Dibbukims durchweg tanzbare Vielseitigkeit. Sie verdichtet sich hier zur polyphonen Perle, deren Leichtigkeit sich mit einer fernen Melancholie kreuzt und treibend-kraftvolle Rockstakkati hinterm Tal sehnsüchtigen Parts nachjagen lässt. Hoffnung und Wehmut, optimistisch-naiver Rock und wissende Tradition sind hier ganz nah beieinander. Sollten jemals ein Vogel und ein Golem wirklich ein Tänzchen wagen – das wäre ihr Lied.
Dibbukim: »Az a foygl un a goylem tantsn«. Grand Master Music 2011, 21,99 €,
www.dibbukim.com