Seinem Hang zum musikalischen Eklektizismus ist der in Berlin lebende Amerikaner Daniel Kahn auch auf seiner neuen CD »Bad Old Songs« treu geblieben. Das ist eine gute Nachricht. Denn dieser singende Tausendsassa am Akkordeon hat, während der traditionellen Klezmerszene hierzulande allmählich die Puste ausgeht, nicht nur einen langen Atem und eine unverwechselbare Stimme, sondern auch seinen eigenen Zugang zur jüdischen Musik.
genremix In den zehn Songs, gesungen in Jiddisch, Englisch und Deutsch, geht es nicht um Brauchtumspflege, sondern es werden ganz unterschiedliche Genres miteinander versöhnt: Jiddisches Lied neben Songwriter-Stücken und Protestsongs, angesiedelt irgendwo zwischen Brecht/Weill, Woody Guthrie und Leonard Cohen. Platz ist da selbst für eine Interpretation von Franz Josef Degenhardts »Die Alten Lieder« ebenso wie Heines »Die bösen alten Lieder« in der Vertonung von Robert Schumann sowie eine Eigenkomposition von Kahn über die gute alte Zeit des Eisernen Vorhangs mit dem Titel »Good Old Bad Old Days«. Was für eine Bandbreite!
An der gemessen, ist die Musik allerdings eher einfach gestrickt, zumal Daniel Kahn auf diesem vierten Album nach »The Broken Tongue« (2006), »Partisans & Parasites« (2009) und »Lost Causes« (2011) nur noch mit drei langjährigen Mitstreitern spielt: Jake Shulman-Ment (Geige), Hampus Melin (Schlagzeug) und Michael Tuttle (Bass). Die Musiker erfüllen die Aufgabe mit Bravour, die Verse des Sängers ins rechte Licht zu rücken, aber von der Leine gelassen werden sie nicht. Das ist kein Makel in diesem Fall: »Bad Old Songs« ist eines der besten Alben mit zeitgenössischer jiddischer Musik seit Langem!
Daniel Kahn & The Painted Bird: »Bad Old Songs«. Oriente Musik 2012