Tanz

Grusel in Spitzenschuhen

Nina (Natalie Portman) bringt der Kampf um die Hauptrolle in Schwanensee an den Rand der Verzweiflung. Foto: Foxfilm

Vergessen Sie rosa Ballettröckchen, ordentlich geformte Dutts und kichernde Ballerinas an der Trainingsstange. Denn die Welt des Spitzentanzes ist nicht nur ein Traum aus leiser Klaviermusik und sanften Bewegungen, schenkt man dem neuen Film Black Swan des amerikanischen Regisseurs Darren Aronofsky Glauben. In dem 111-minütigen Streifen, der heute in die Kinos kommt, klingen Pas de deux nach splitternden Knochen, riechen Übungseinheiten nach Erschöpfung und fühlen sich Blicke von konkurrierenden Tänzern an wie kalte Messerstiche.

Diät Aronofsky, der 2008 einen großen Erfolg mit seinem Film The Wrestler hatte, erzählt die Geschichte der ehrgeizigen Tänzerin Nina Sayers, gespielt von Natalie Portman. Getrieben von der Mutter, die selbst ihre Tanzkarriere zugunsten der Tochter aufgab, bestimmt eisernes Training, ständiges Diäthalten und ein harter Konkurrenzkampf Ninas Leben. Sie arbeitet am Lincoln Center in New York und feilt erbittert an ihrem Stil, an ihrem Körper. So hart, dass ihr genau die Grazie abhandengekommen scheint, mit der die Konkurrentin Lily (Mila Kunis) ihren Tanz erfüllt.

Beide kämpfen um die Hauptrolle in Tschaikowskis Schwanensee. Nina soll den weißen Schwan und den schwarzen spielen. Unter dem strengen Kommando des Ballettdirektors Thomas Leroy, sehr dominant und glaubhaft gespielt von Vincent Cassel, der gern auch mal zugreift, treiben sich die Tänzerinnen gegenseitig an. Und kommen sich auch körperlich näher. Ob das allerdings wirklich geschieht oder sich nur in der langsam zermürbenden Seele Ninas abspielt, bleibt offen.

Black Swan ist ein düsterer, sehenswerter Thriller, der neben seiner Geschichte vor allem von seinen Darstellern lebt. Wie schon bei The Wrestler, in dem der lange von der Leinwand verschwundene Mickey Rourke ein Comeback feierte, beweist Darren Aronofsky in seinem neuen Film, einmal mehr ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Besetzung. Natalie Portman, die für diese Rolle acht Stunden pro Tag trainierte, glänzt als ehrgeizige Tänzerin und Tochter, die versucht, sich von der Mutter zu lösen.

Zuckerbrot und Peitsche Vincent Cassel, als gelockter Lehrer mit charmantem, aber auch hartem französischen Akzent im Englischen, ist kälter als ein Gefrierfach. Er zerrt Nina mit Zuckerbrot und Peitsche aus ihrem Mädchenzimmer und bringt sie dazu, Seiten zu zeigen, die die zerbrechliche Ballerina an sich selbst vorher noch nicht kannte.

Für Natalie Portman war der Film eine Reise in die Vergangenheit. Denn die heute 29-Jährige nahm als Kind Ballettunterricht. Auf einer Pressekonferenz sagte die in Jerusalem geborene Schauspielerin, während der Dreharbeiten habe sie auf ihre Tanzerfahrung aufbauen können. Zudem sei ihr Respekt vor professionellen Tänzern um ein Vielfaches gestiegen, weil sie ihrem Körper alles abverlangten.

Ihr eigenes Training verglich die Schauspielerin, die aus einer jüdischen Familie stammt, mit der Routine beim »Tefillinlegen im Judentum«. Obwohl sie sich nach eigenen Angaben in Israel mehr als Jüdin fühle als anderswo, versteckt sie ihre Religion nicht. Sie kritisiert offen, dass sie zu viele Drehbücher über die Schoa angeboten bekomme: »Das hat man davon, wenn man eine jüdische Schauspielerin ist.« Allerdings kann sie sich nach großen Erfolgen wie in Léon – Der Profi oder der Star-Wars-Trilogie mittlerweile die Scripte aussuchen.

Liebe Und der nächste Erfolg steht schon vor der Tür. Für Portman, die in der vergangenen Woche einen Golden Globe als beste Hauptdarstellerin gewann, könnte ihr aktueller Film sogar einen Oscar bedeuten. Und falls sie ihn doch nicht bekommen sollte, macht das vielleicht auch nichts. Denn ihr privates Glück hat sie während der Dreharbeiten zu Black Swan schon gefunden: Tanztrainer Benjamin Millepied. Das Paar, das sich kürzlich verlobte, erwartet ein Kind.

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025