Vor knapp 150 Jahren erfand in den USA der aus Bayern stammende Jude Levi Strauss die Bluejeans. Während die ursprünglich aus Baumwolle hergestellte Hose anfangs für Goldgräber gedacht war, sollte sie im Laufe der Jahrzehnte ihren Siegeszug rund um den Erdball antreten. Ob weit oder eng, hell oder dunkel, High oder Low Waist – bei der großen Vielfalt, die die Modeindustrie jährlich auf den Markt bringt, ist sie in allen Kleiderschränken weltweit vertreten.
»Auch wenn die Bluejeans Teil unserer Kultur ist, stellt sie eine große Belastung für unsere Umwelt dar«, sagt Nilli Bar Lev, Gastdozentin für Textilien und Kostüme am Shenkar College in Ramat Gan. »Laut einer Studie besitzt jeder Bürger aus den industriestarken Nationen mindestens sieben Stück davon und trägt im Laufe seines Lebens über 350 Paar.« Tatsächlich werden zwölf Milliarden Kilo Baumwolle jährlich allein in China und Indien produziert. Dabei benötigt man für jedes Kilo mehr als 10.000 Liter Wasser. Jeans beanspruchen damit den größten Anteil der Baumwolle in der Textilindustrie.
Problem Das größte Problem ist laut Bar Lev aber, dass sich die einzigartige Indigofarbe der Bluejeans nur schwer mit dem Stoff verbinden lässt. Das würde den Herstellungsprozess besonders umweltschädlich gestalten. Doch sie bleibt optimistisch: »Mittlerweile versuchen immer mehr Firmen, verschiedene Produkte emissionsarm und nachhaltig zu entwickeln.«
Zu ihnen gehört das israelische Start-up-Unternehmen »Sonovia« aus Ramat Gan, das sich auf umweltfreundliche Ultraschall-Textiltechnologie spezialisiert hat. Genauer gesagt, auf die Herstellung von Denim-Jeans, insbesondere auf den Prozess des Färbens der Baumwollgarne in Indigoblau. Durch sogenannte Ultraschall-Kavitationsstrahlen werden die gewünschten Chemikalien imprägniert. Die neuartige Technologie zielt darauf ab, den intensiven Wasser- und Energieverbrauch zu reduzieren und die Haltbarkeit der Farbstoffe in der globalen Denim-Industrie zu verbessern – einem Markt, der bis 2026 voraussichtlich 76,1 Milliarden US-Dollar erwirtschaften wird.
Greenpeace kritisiert die Verwendung gefährlicher Substanzen bei Textilien.
»Um die gewünschte Jeansfarbe zu erreichen, sind bis zu zwölf Färbebäder erforderlich, jedes mit einer höheren Indigokonzentration als das vorherige«, sagt Liat Goldhamer-Steinberg, technische Direktorin von Sonovia. »Das Verfahren unseres Forscherteams reduziert diesen Prozess um 80 Prozent, indem es Ultraschall zum Färben des Kleidungsstücks verwendet. In Bezug auf die Haltbarkeit müssen wir in einigen Fällen den Wascheffekt danach aktivieren und können so steuern, wie haltbar oder weniger haltbar die Färbung sein soll.«
Während die üblichen Methoden das Material mit umweltbelastenden Substanzen verkleben, nutzt das Unternehmen seine Technologie, um die Eigenschaften in den Stoff einzufügen. Das sei nicht nur schonender, es spare auch umweltschädliche Chemikalien.
chemikalien Die Umweltorganisation Greenpeace weist seit Jahren auf die Verwendung gefährlicher Substanzen in der Textilindustrie hin. »Die gefährlichen Chemikalien, die in den Produktionsländern die Umwelt verschmutzen, sind auch in unseren Gewässern ein Problem. Wie die giftigen und hormonell wirksamen Chemikalien dort hineingelangen, ist einfach: über die Waschmaschine«, so die Umweltorganisation in einem Bericht.
Mittlerweile sind sich auch die Jeanshersteller des Problems bewusst. »Seit Kurzem arbeiten wir mit der italienischen Modemarke PureDenim zusammen«, erzählt Goldhamer-Steinberg. »Die Textilindustrie hat auf diese naturbewusste Technologie gewartet, die zumindest eine weitgehende Minimierung des Wasser- und Energieverbrauchs bedeutet.«
Die Kooperation repräsentiert Sonovias Eintritt in die Färberei-Industrie. Zwar wurden die antimikrobiellen Ultraschall-Textilveredelungen des Start-ups – das seit Dezember 2020 in Tel Aviv börsennotiert ist – schon in Produkten wie Sonomask vermarktet, einer Gesichtsmaske, die während der Covid-19-Pandemie populär wurde, doch ihr Hauptziel bleibt die grüne Revolution in der Textilindustrie.
Was die Produktion betrifft, implementiert das Unternehmen seine Technologie auf Färbemaschinen, die bereits auf dem Markt sind. Das Forschungs- und Entwicklungsteam besteht aus Physikern, Chemikern und Ingenieuren, die eng zusammenarbeiten, um die Methode zu optimieren. Diese erfordert keine kostspielige Experten-Aufsicht, sondern ist ein benutzerfreundliches Modell, das den Mitarbeitern in jeder Fabrik zur Verfügung steht.
herausforderung »Unsere größte Herausforderung besteht darin, eine kommerzielle Maschine zu konstruieren, die den von uns entwickelten Prozess durchführt«, erklärt Shuki Hershkovitz, Geschäftsführer von Sonovia, der das Unternehmen 2013 gründete und mit seinem Sohn Shay leitet. Er stammt aus der nördlich von Haifa gelegenen Stadt Nahariya.
»Mit der deutschen Firma Bruckner, einem führenden Hersteller von Textilimprägniermaschinen, und der israelischen Bekleidungsfirma Delta arbeiten wir bereits zusammen«, sagt Hershkovitz. Die Kooperation mit PureDenim werde mit einer Phase beginnen, in der technologische Realisierbarkeiten ausgelotet werden, so der Geschäftsführer. Danach soll die Entwicklung der Textilien vor der Produktion folgen und letztlich die Integration der Technologie in die Produktionslinie von PureDenim.
Hershkovitz kommt aus der Welt des Unternehmertums. Jahrelang investierte er in Start-ups. Nachdem er auch Technologien mitfinanzierte, die an Hochschulen entwickelt wurden, kam er mit der Fakultät für Chemie an der Bar-Ilan-Universität in Kontakt, die zu der Zeit an antibakterieller Beschichtung für Krankenhäuser forschte. »Mir war sofort bewusst, dass sie auch auf die gesamte Textilindustrie ausgeweitet werden kann«, erzählt der Finanzexperte.
Jedes Kilo beansprucht mehr als 10.000 Liter Wasser in der Produktion.
Er hält einmal mehr fest: »Unser Verfahren kann bedeutende Lösungen für inhärente Herausforderungen in der Indigo-Färbeindustrie bieten, indem sie veraltete Färbe- und Veredelungspraktiken eliminiert, die erhebliche Umweltverschmutzung verursachen.
Förderung Von der EU erhielt Sonovia erst kürzlich einen zweijährigen Zuschuss in Höhe von 2,4 Millionen Euro, um in den Textilmarkt einzusteigen. Um noch weitere große Modemarken davon zu überzeugen, dass ihre neue Methode sowohl einen finanziellen als auch ökologischen Vorteil bietet, arbeiten die Forscher kontinuierlich an einer Weiterentwicklung der Technologie.
»Das Konzept und die Vorgehensweise von Sonovia, die sie beim Indigofärben nutzen, könnte diese Branche revolutionieren,« sagt Nilli Bar Lev. Die Modeexpertin erklärt zudem, dass die Forschung für neue Produktionsprozesse nicht nur hinsichtlich des Klimaschutzes wichtig sei.
Die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erzeugte Energiekrise betrifft auch die Bekleidungsindustrie, und die dadurch steigenden Verkaufspreise reduzieren den Umsatz erheblich.
»Gerade in historischen Momenten wie diesen werden neue energieeffiziente Technologien benötigt«, sagt Bar Lev. Nur so könne man aktuelle und kommende Herausforderungen nachhaltig bewältigen.