Sie reiste kreuz und quer durch Israel, sprach mit zahlreichen Künstlern zwischen Haifa und Eilat und wählte schließlich 28 von ihnen für die Ausstellung The Circle of Life – Der Kreis des Lebens im Rahmen der Kunstausstellung NordArt auf der Carlshütte im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf aus.
Und die Bemühungen von Carmit Blumensohn, Kuratorin der NordArt, haben sich gelohnt: So viele Beiträge aus Israel gab es noch nie auf der viermonatigen Schau, die zu den größten Ausstellungen für zeitgenössische Kunst in Europa gehört und sich in diesem Jahr erstmals schwerpunktmäßig Künstlern aus dem jüdischen Staat widmet.
Insgesamt zeigt die NordArt in ihren Hallen und Nebengebäuden Werke von 250 Teilnehmern aus aller Welt. Beworben hatten sich mehr als 4000 Künstler aus über 100 Ländern. »Wir wollen zum Denken anregen, Fragen stellen, Gefühlen und Dingen ein neues Leben geben«, sagt Carmit Blumensohn über das Konzept der NordArt. »Und dies tun insbesondere die israelischen Künstler auf sehr vielfältige, oft auch ungewöhnliche Weise.«
Pavillon Zum Beispiel Ruthi Helbitz Cohen mit ihren archaischen Arbeiten, die an den Wänden des Pavillons platziert sind, aber auch von der Decke der Fabrikhalle hängen und somit wirkungsvoll von der Empore des Pavillons aus zu sehen sind. Die junge Künstlerin aus Ein Vered arbeitet mit Klebebändern, die den Schriftzug der Fabrik ihres Onkels tragen, mit ausgeschnittenen Figuren, die sie mit diesen Klebebändern auf großen Leinwänden fixiert und teilweise ihrem eigenen chemischen Verfallsprozess überlässt.
Wichtiger aber ist der Ausdruck dieser archaischen Figuren, die schwarze Witwenhüte, Kaninchen oder Bananenstauden auf dem Kopf tragen und den Betrachter angesichts dieser Relikte einer versunkenen Kultur mahnen, dem Raubbau an der Welt Einhalt zu gebieten, beispielsweise in Four Matriarchs and a Reminder oder Back to Back.
Stimmig daneben platziert ist Oren Fischers Serie mit dunklen, langgezogenen Figuren, die an Alberto Giacometti erinnern und bei genauem Hinsehen viel Ironie zeigen; eine Ironie, die aber abrupt durch rostige, wie Folterinstrumente eingeschlagene Nägel ins Grausen umschlägt. Einem Lesebuch gleich inszenierte der Maler Shai Azoulay sein Werk Bus No. 405, für das er Motive sammelte, die ihm auf der Fahrt mit dem Bus 405 durch Jerusalem begegneten; Menschen im Halbprofil, Palmenzweige, Kebab-Spieße, Graffiti, Harlekin-Puppen, stilisierte Weihnachtsbäume, jedweder Kitsch aller Religionen.
licht Davor kreist Avinoam Sternheims Installation Golem bedrohlich durch die Halle, während in Kabinetten des israelischen Pavillons die sehr schlüssig konzipierten und tief durchdachten Videoinstallationen von Yaron Attar und Talia Keinan faszinieren. Einander gegenüber hängte Kuratorin Blumensohn Werke, die unterschiedlicher nicht sein könnten: einmal die filigrane Fadenarbeit Direct Hit/The House in Nahalal St. Haifa von Tal Amitai Lavi, die ein Haus zeigt, das im Libanonkrieg zerbombt wurde, in dem sich aber noch – als wäre nichts geschehen – die Gardinen im Wind wiegen, was Lavi durch raffinierte Lichtreflexe erzeugt.
Geradezu brachial wirkt dagegen die knallrote Herz-Serie, in der die Malerin Khen Shish aus Safed ihre Liebe zu einem Kollegen mit Selbstironie und Tiefgang zugleich thematisiert, was die Wirkung des Bildes nur noch stärker macht.
»NordArt«. Kunstwerk Carlshütte in Büdelsdorf, 4. Juni bis 9. Oktober
www.nordart.de