EILMELDUNG! Medienberichte: Israel stimmt Waffenruhe mit Hisbollah zu.

Berlinale

Gold, Silber und Doku-Preis

Filmszene aus »The Men Behind the Wall« Foto: PR

Der israelische Film The Men Behind the Wall von Ines Moldavsky ist bei den 68. Internationalen Filmfestspielen Berlin am Samstagabend mit dem Goldenen Bären für den besten Kurzfilm ausgezeichnet worden. In der 28-Minuten-Doku inszeniert die in Argentinien geborene Regisseurin Dates per Tinder mit palästinensischen Männern aus dem Westjordanland – und führt mit ihnen grenzüberschreitende Gespräche über Sex und Politik.

SILBERNER BÄR Die russisch-serbisch-polnische Koproduktion Dovlatov erhielt einen Silbernen Bären für eine besondere künstlerische Leistung aus den Kategorien Kamera, Schnitt, Musik, Kostüm oder Set-Design. Ausgezeichnet wurde Elena Okopnaya für ihre Kostüme.

Dovlatov von Regisseur Alexej German jr. schildert sechs Tage im November 1971 im Leben des Schriftstellers Sergei Donatowitsch Dowlatow (1941–1990) in Leningrad, der in Russland mit seiner ironischen Prosa erst postum zu Ruhm gelangte. Ihm wurde die Aufnahme in den Schriftstellerverband verweigert; keines seiner Bücher wurde bis 1989 in der Sowjetunion gedruckt.

Dowlatows Vater war Jude, seine Mutter Armenierin. Der Drucksatz seines ersten Buches wurde auf Befehl des KGB vernichtet; nach der Veröffentlichung einiger Geschichten in westlichen Zeitschriften wurde er 1976 aus dem Journalisten-Verband der UdSSR ausgeschlossen. 1978 emigrierte Dowlatow in die USA. Er starb im Alter von 48 Jahren an einem Herzinfarkt.

dissidentenszene Der Film gibt Einblick in die Dissidentenszene und schildert auch Dowlatows Bekanntschaft mit dem späteren Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky (1940–1996). Zwei Stunden lang wird der Zuschauer Zeuge, wie der deprimierende sowjetische Alltag seinen Helden bricht. Dowlatow versucht, sich als Journalist durchzuschlagen, doch seine Texte werden abgelehnt, weil sie zu ironisch sind. Zuflucht findet der Schriftsteller im Alkohol und in Gesprächen mit Gleichgesinnten, die immer um dasselbe kreisen: Wie kann man geistig überleben in einer Umgebung, die den Geist unterdrückt?

Viele Kritiker hatten den Film als einen der Favoriten für den Goldenen Bären eingeschätzt. Doch die Auszeichnung für den besten Film erhielt überraschend das kontrovers diskutierte Werk Touch me Not der rumänischen Regisseurin Adina Pintilie.

GLASHÜTTE-PREIS Die österreichisch-jüdische Regisseurin Ruth Beckermann bekam für ihren Dokumentarfilm Waldheims Walzer, den die Moderatorin bei der Preisverleihung ein »außergewöhnliches Porträt eines Lügners« nannte, den Glashütte Original – Dokumentarfilmpreis. Der Film zeigt die Proteste in den 80er-Jahren in Österreich gegen den ÖVP-Politiker und Ex-Generalsekretär der UNO Kurt Waldheim, der seine NS-Vergangenheit jahrelang verschwiegen hatte und trotz ständig neuer Enthüllungen seine Kandidatur zur Wahl des Bundespräsidenten 1986 nicht zurückzog.

Die Regisseurin hatte selbst an Demonstrationen gegen Waldheim in den 80er-Jahren teilgenommen und dabei auch gefilmt. Der Film zeigt, wie Waldheim hartnäckig auf seiner Version der Ereignisse auch dann beharrte, als die Wahrheit über seinen Wehrdienst in der deutschen Armee in den 40er-Jahren in Griechenland und auf dem Balkan längst bekannt war.

wermutstropfen Bei der Preisverleihung im Berlinale-Palast sagte Ruth Beckermann, Waldheims Walzer sei »ein Film, der zeigt, wie man mit Populismus, Antisemitismus und Rassismus Wahlen gewinnen kann. Ich freue mich natürlich über den Preis und den Erfolg, aber ein Wermutstropfen ist auch dabei – dass etwas, das vor 30 Jahren passiert ist, so aktuell ist«. An den Beispielen der Politiker Orbán, Kurz und Strache sehe man, dass es auch heute immer wieder gelinge, »damit Wahlen zu gewinnen«.

Lesen Sie mehr in der nächsten Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Interview

»Ein großer Menschenfreund«

Campino über sein neues Buch, die Leidenschaft für Erich Kästner und Lyrik in Zeiten der Krise

von Nicole Dreyfus  26.11.2024

Fernsehen

»Kommt ein Vogel geflogen«

Wenn ein Papagei das Leben einer deutschen Familie mit jüdischem Elternteil ins Chaos stürzt

von Cosima Lutz  26.11.2024

Soziale Medien

Was Experten zur antisemitischen Radikalisierung bei TikTok sagen

Warnungen vor judenfeindlichen Inhalten

von Nikolas Ender  26.11.2024

Jubiläum

100 Jahre alt und weiter topaktuell: Thomas Manns »Zauberberg«

Der zum Katholizismus konvertierte Jude Leo Naphta ist eine der Hauptfiguren

von Karin Wollschläger  26.11.2024

Wissenschaft

Ist die Generation Selfie oberflächlich und selbstbezogen?

Dies ist nicht unbedingt der Fall, wie eine neue Studie aus Israel zeigt

 26.11.2024

Meinung

Nan Goldin: Gebrüll statt Kunst

Nach dem Eklat in der Neuen Nationalgalerie sollte Direktor Klaus Biesenbach zurücktreten

von Ayala Goldmann  25.11.2024

Hochschule

Das Jüdische Studienwerk ELES feiert sein 15. Jubiläum

Die Organisation will junge jüdische Studenten für das Gespräch stärken

von Stefan Meetschen  25.11.2024

Rezension

Trotzki-Biograf und Essayist

Isaac Deutschers Band »Der nichtjüdische Jude« zeigt Stärken und Schwächen des eigensinnigen Historikers

von Marko Martin  25.11.2024

Sehen!

Fluxus in Köln

Das Museum Ludwig widmet Ursula Burghardt und Ben Patterson eine Doppelausstellung

von Katharina Cichosch  24.11.2024