Ist es Zufall?», fragt Eytan Gilboa und verweist auf die Berichterstattung einiger prominenter ausländischer Medien zum Massaker an Betenden in der Synagoge von Har Nof in Jerusalem. «Der Nachrichtensender CNN sprach anfänglich von einem tödlichen Anschlag auf eine Moschee, im britischen Guardian – bekannt für seine chronisch anti-israelische Haltung – sind Palästinenser als Terroristen quasi nicht existent, und die BBC wollte partout keine Bilder von den Opfern zeigen, weil das angeblich ihren Prinzipien widersprechen würde», bilanziert der Direktor des Center for International Communication der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv. «Dabei konnten sie im Sommer gar nicht genug palästinensische Verwundete und Tote vor die Kamera bekommen.» Ethisch, moralisch und professionell attestiert Gilboa diesen Medien Versagen auf ganzer Linie.
«soft power» Dass viele ausländische Medien dazu neigen, Israel gegenüber eine kritische bis feindselige Haltung einzunehmen, weil das immer eine gute Story verspricht und für hohe Einschaltquoten oder Auflagen sorgt, ist nichts Neues. Die Berichterstattung während des Gaza-Krieges im Sommer dieses Jahres war da keine Ausnahme. Wie diese Berichterstattung aber konkret aussah und was israelische Entscheidungsträger alles unternahmen, um die Interaktion zwischen ihnen und der internationalen Presse zu verbessern, dazu vermittelte kürzlich eine hochkarätig besetzte Expertenrunde auf einer Konferenz an der Bar-Ilan-Universität interessante Einblicke.
Zur Sprache kamen daneben Aufgaben, Ziele und Probleme der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit, die als eine Art «Soft Power» versucht, die Sympathien der internationalen Öffentlichkeit zugunsten Israels zu mobilisieren. «Die Tatsache, dass der Krieg mehr als 50 Tage andauerte, gab uns mehr Zeit und damit auch mehr Möglichkeiten, den Charakter der Operation ›Protective Edge‹ stärker hervorzuheben», fasste Miri Eisin die Situation zusammen. «Auf diese Weise konnte relativ erfolgreich vermieden werden, den Konflikt als einen ›Krieg gegen Gaza‹ aussehen zu lassen», so die ehemalige Medienberaterin von Premierminister Ehud Olmert. «Israel gelang es sogar ziemlich gut, die Hamas und nicht die Palästinenser als Gegner zu definieren, was ja auch der Realität entsprach.»
Ebenso positiv bewertet wurde von Lea Mandelzis, Dozentin für Kommunikationswissenschaft am Kinneret Academic College, der Ansatz Israels, die Weltöffentlichkeit auf den radikal-islamistischen Charakter der Hamas aufmerksam zu machen, die zudem die Zivilbevölkerung in Gaza als menschliche Schutzschilde missbrauchte und damit faktisch zu Geiseln machte. Dennoch schien es Defizite gegeben zu haben. Eisin kritisierte den mehrfach von Premier Netanjahu geäußerten Vergleich zwischen Hamas und dem Terrorkalifat der IS als wenig hilfreich und eher kontraproduktiv.
«Vielmehr hätte man erklären sollen, wie der israelisch-palästinensische Konflikt im regionalen Kontext zu bewerten ist und was in den Nachbarstaaten passiert.» Auch die Tatsache, dass die Website des israelischen Militärs, auf der zahlreiche Grafiken unter anderem über die Zahl der von der Hamas auf Israel abgefeuerten und abgefangenen Raketen informierten, innerhalb weniger Tage 1,6 Millionen Mal aufgerufen wurde, verdiene zwar Anerkennung, sei aber noch lange kein Qualitätsbeweis.
bilder Aus der Perspektive der für ausländische Medien in Israel arbeitenden Korrespondenten gab es ebenfalls interessante Einschätzungen. Matti Friedman, von 2006 bis 2011 AP-Korrespondent in Jerusalem, skizzierte das problematische Verhältnis der internationalen Presse zu Israel und sprach dabei von einer globalen Obsession im Zusammenhang mit dem jüdischen Staat. «Nur in Washington und Brüssel gibt es mehr akkreditierte Journalisten.» Diese wollten offensichtlich beschäftigt werden, was dazu führe, dass das kleine Israel in zahlreichen Zeitungen oder Sendungen öfter auftauche als die Wirtschaftssupermacht China mit ihren 1,2 Milliarden Einwohnern.
Und trotzdem mangele es immer wieder an einer Darstellung des Kontextes, in dem sich Konflikte wie jüngst der in Gaza ereignen. Darauf verwies Gisela Dachs von der Wochenzeitung «Die Zeit». Oftmals seien zuerst die Bilder des Krieges präsent und prägten Meinungen, dann erst folgten – wenn überhaupt – die eigentlichen und für das Verständnis relevanten Erklärungen. «Darüber hinaus neigen die Europäer in der Einschätzung dazu, ihre eigene Geschichte auf das Geschehen in Israel zu projizieren», so Dachs.
Jodi Rudoren, Korrespondentin der New York Times, beklagte sehr pauschal die «lautstarken Interessengruppen auf beiden Seiten», die ihr die tägliche Arbeit vor Ort erschweren würden. Für ihre äquidistante Haltung erntete sie von Ben-Dror Yemini reichlich Kritik. Journalisten wie sie würden nicht müde, ihren Lesern zu erzählen, dass es auf beiden Seiten Radikale gebe. «Das allein ist natürlich noch keine Lüge», betonte der Kolumnist der Tageszeitung Yedioth Ahronoth. «Wichtig ist aber der Kontext und das, was nicht erzählt wird.»
Wenn radikale Islamisten, die in Gaza die Regierung stellen, die Vernichtung aller Juden forderten, dann habe das eine andere Qualität als die zwei bis drei Prozent der Israelis, die vielleicht ähnliche Fantasien gegenüber Arabern äußern. «Auf diese Weise wird nicht das Image eines Landes, sondern eines Monsters geschaffen, das für alle Übel dieser Welt verantwortlich gemacht wird», resümierte Yemini.