Wäre es nach den Nazis gegangen, hätte Felix Zandman – Physiker, Erfinder und Gründer des weltweiten Elektronikunternehmens Vishay – bereits als Jugendlicher tot sein müssen. Geboren wurde Zandman am 7. Mai 1927 im polnischen Grodno. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten in Grodno etwa 29.000 Juden, 28.900 von ihnen wurden ermordet. 1941 wurden Felix und seine Familie von den Deutschen ins Ghetto von Grodno gebracht.
Der junge Felix überlebte den Holocaust, indem er sich mit seinem Onkel Sender und zwei weiteren Personen 17 Monate lang Tag und Nacht unter den Dielenbrettern im Haus der früheren Magd seiner Großmutter Telma versteckte. Während dieser Zeit im dunklen »Grab« lehrte ihn sein Onkel Trigonometrie, höhere Mathematik und Physik.
Florierendes Unternehmen Nach dem Krieg emigrierte Zandman nach Frankreich, wo er in Nancy Maschinenbau und Physik studierte und einen Doktortitel in Physik an der Pariser Sorbonne erwarb. 1956 ging er in die USA. Als sein damaliger Arbeitgeber, Tatnall Measuring Systems in Philadelphia, den Vertrieb seiner hitzeunempfindlichen Folienwiderstände ablehnte, gründete der 35-jährige Zandman mit finanzieller Unterstützung eines Verwandten die Firma Vishay. Der Name stammt von einem Dorf in Litauen, wo Verwandte von Zandman während der Schoa ums Leben kamen.
Heute ist das Unternehmen rund 2,5 Milliarden Dollar wert, an der New Yorker Börse notiert und in der »Fortune 1000«-Liste enthalten. Die elektronischen Bauteile von Vishay finden Einsatz in Geräten aller Art: Computer- und Kommunikationstechnik, Automobil- und Konsumelektronik, Wehr-, Luft-/Raumfahrt- und Medizintechnik.
Als sich Israel in den 70er-Jahren für eine eigene Panzerindustrie entschied, ergab sich das Problem, dass sich das Kanonenrohr bei heißen Außentemperaturen ein wenig verbog und es unmöglich war, genau zu zielen. Bei einem Treffen mit dem Projektleiter General Israel Tal hatte der Metall-Fachmann Zandman sofort eine Lösung parat: Statt die Kanone zu isolieren, transformierte er sie zum Wärmeleiter, sodass die Hitze sie umging. Die Merkava-Panzer zählen heute zu den besten der Welt.
Großer Sieg Zandman veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, drei Lehrbücher und eine Autobiografie und hielt über 70 Patente, unter anderem ein Verfahren für den Drucktest von Flugzeug-Landegestellen. Er gewann viele Auszeichnungen, etwa den »Best Strategic Investor Award« in Israel und den Titel »Ritter der französischen Ehrenlegion«. Er war Ehrendoktor der Universität Beer Sheva und des Technion in Haifa. 1994 wurde Zandman auch israelischer Staatsbürger. Zandman gehört zum Stifterkreis der Gedenkstätte Yad Vashem, wo er in Erinnerung an seinen Großvater Nachum ein Familiendenkmal spendete.
Ein besonderer geschichtlicher Kreis schloss sich 1998 mit dem Kauf der Firma Temic (Telefunken microelectronic). Telefunken war 1903 als Tochterfirma von AEG und Siemens gegründet worden. AEG-Gründer Emil Rathenau, jüdischer Industrieller, erwarb 1883 die Edison-Patente für Deutschland, 1938 wurde AEG Telefunken von den Nazis verstaatlicht. Bei den Temic-Übernahmeverhandlungen nahm Zandman eine Kippa mit. »Ich hatte ein besonderes Gefühl im Herzen, den Gedanken, dass dies mein größter Sieg war, und das ohne jede Rache«, erinnerte er sich.
Bis zum Alter von 77 Jahren lenkte Zandman eigenhändig die Geschicke seiner Firma und war bis zuletzt als Chefentwickler und Aufsichtsratsmitglied tätig. Am 4. Juni 2011 starb Felix Zandman im Alter von 84 Jahren in Philadelphia (USA). Er hinterlässt seine Frau Ruta, drei Kinder und neun Enkel.