Anni Albers

Gewebte Kunst

Die Düsseldorfer Ausstellung ist mit über 200 Leihgaben aus europäischen und amerikanischen Museen bestückt. Foto: dpa

Die Berliner Bauhaus-Schülerin Anni Albers gehörte lange zu den wohl am meisten unterschätzten Künstlerinnen ihrer Zeit. Zum einen, weil sie eine Frau war und die männlich geprägte Kunstwelt ihr Talent jahrelang ihr Talent nicht sehen wollte. Zum anderen, weil die 1899 als Anneliese Else Frieda Fleischmann geborene Künstlerin nicht malte oder zeichnete, sondern webte.

»Wenn eine Arbeit mit Fäden entsteht«, sagte Albers einmal in einem Interview über ihr Werk, »dann wird sie als Handwerk betrachtet; auf Papier wird sie als Kunst angesehen.« Erst spät entdeckte die Kunstwelt ihre ebenso eigenwilligen wie originellen und innovativen Arbeiten.

»weibisch« Sie selbst hatte zu Anfang ebenfalls große Zweifel am Weben als Kunstform. »Weben? Weben hielt ich für zu weibisch«, sagte sie über ihre Ausbildungszeit am Bauhaus in den 20er-Jahren in Weimar. »Ich war auf der Suche nach einem richtigen Beruf. Und so fing ich ohne Begeisterung mit dem Weben an, da ich mit dieser Wahl nun einmal am wenigsten Anstoß erregte ... Nach und nach begannen die Fäden, meine Fantasie zu wecken.«

Jetzt würdigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die Arbeiten der 1938 in die USA geflüchteten Albers mit einer umfangreichen Retrospektive. Die Ausstellung ist mit über 200 Leihgaben aus europäischen und amerikanischen Museen bestückt. Ein Blick in die Ausstellung zeigt: Die 1994 in Connecticut verstorbene Künstlerin schuf beeindruckende gewebte Bilder sowie Zeichnungen und Druckgrafik und entwarf Stoffmuster.

Parallel zur Düsseldorfer Schau richtet die Villa Hügel in Essen bis zum 7. Oktober eine Retrospektive mit Arbeiten von Josef Albers aus, dem Ehemann von Anni Albers. Beide Ausstellungen sind Teil des Projekts »100 Jahre Bauhaus im Westen«. Darin werden die vielen Bezüge zur 1919 gegründeten Design- und Architekturschule vorgestellt.

Stoffbahnen Seit Dienstag dieser Woche zeigt die Düsseldorfer Kunstsammlung K20 zudem das Textilkunstwerk Six Prayers von Anni Albers. Die »sechs Gebete« aus sechs Stoffbahnen sollen an die sechs Millionen ermordeten Juden Europas erinnern. Das Holocaust-Mahnmal, das Albers 1966/67 auf ihrem Webstuhl schuf, war ein Auftragswerk für das Jüdische Museum in New York.

Das empfindliche Werk, das aus konservatorischen Gründen nur noch äußerst selten gezeigt werden kann, ist nach Aussagen des Museums einer der Höhepunkte der aktuellen Düsseldorfer Albers-Schau. Das fast zwei Meter hohe und drei Meter breite Bildgewebe aus Baumwolle, Leinen, Bast und Metallgarn zählt zu den Hauptwerken von Albers.

Six Prayers war in den vergangenen Jahrzehnten nur zweimal auf Ausstellungstourneen in Europa zu sehen. Mit dem Gewebe aus grauen, braunen und beigefarbenen Fäden, in dem silbernes Metallgarn Akzente setzt, habe Albers eine meditative Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust schaffen wollen, teilte das Museum am Dienstag mit. In den Grund hat die Künstlerin weiße und schwarze Fäden eingewoben, deren Spuren wie ein nicht entzifferbarer Text anmuten.

1975 erhielt Albers im Kunstmuseum Düsseldorf und im Berliner Bauhaus-Archiv ihre erste Einzelausstellung seit ihrer Flucht aus Nazi-Deutschland. Mit der umfangreichen Retrospektive in Düsseldorf und der Ausstellung in der Villa Hügel in Essen schließt nun der Kreis. epd/ja

Die Kunstsammlung zeigt die Ausstellung »Anni Albers« vom 9. Juni bis zum 9. September in Düsseldorf im K20. Die Gemeinschaftsproduktion mit dem Museum Tate Modern geht anschließend nach London.

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025