Nach den zahlreichen Judenhass-Eklats bei der documenta haben die Gesellschafter sieben Expertinnen und Experten benannt, die die Ausstellung in den kommenden Monaten wissenschaftlich begleiten sollen.
Den Vorsitz werde die Frankfurter Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff übernehmen, teilten die Gesellschafter am Montag in Kassel mit. Deitelhoff ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Leibniz-Instituts «Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung» und Sprecherin des «Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt». Der Aufsichtsrat der documenta hatte die Einsetzung des Gremiums am 15. Juli beschlossen.
Die documenta wird bereits seit der Vorbereitungsphase von mehreren schweren Antisemitismus-Vorwürfen überschattet. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung Mitte Juni wurde das Banner «People’s Justice» des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wegen antisemitischer Motive abgehängt.
In der vergangenen Woche wurden mit den Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly weitere judenfeindliche Werke mit bekannt.
Zu dem Team gehören neben Deitelhoff die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermannn, die Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences, Julia Bernstein, und die Psychologin und Verhaltenswissenschaftlerin Marina Chernivsky.
Chernivsky ist Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden und Geschäftsführerin der Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt OFEK.
Wissenschaftlich begleiten werden die documenta auch der Geschichtsprofessor Peter Jelavich von der Johns-Hopkins-University in Baltimore (USA), der Rechtswissenschaftler Christoph Möllers von der Berliner Humboldt-Universität sowie der Historiker Facil Tesfaye, Juniorprofessor an der School of Modern Languages and Cultures der Universität Hongkong.
Laut Gesellschafter sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zuständig für die erste Bestandsaufnahme der Abläufe, Strukturen und Rezeptionen rund um die «documenta fifteen». Sie sollen Empfehlungen für die Aufarbeitung geben und erörtern, welche Aspekte einer vertieften wissenschaftlichen Analyse bedürfen.
Außerdem werden sie bei der Analyse möglicher weiterer antisemitischer Bildsprache und Sprache sowie bereits als antisemitisch identifizierten Werken beraten.
«Wir erwarten, dass unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit Hinweisen auf mögliche antisemitische Bildsprache und Beförderung von israel-bezogenem Antisemitismus nachgegangen wird», sagte der Kasseler Oberbürgermeister und Vorsitzende des Aufsichtsrats, Christian Geselle (SPD).
«Die Aufarbeitung des Geschehenen und ein Lernen für die Zukunft soll auch das in den vergangenen Wochen verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzugewinnen», ergänzte die hessische Kunstministerin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Angela Dorn (Grüne).
Die wissenschaftliche Analyse der Kunstwerke auf der «documenta fifteen», mit Hinweisen auf mögliche antisemitische (Bild-)Sprache, solle noch während der laufenden Ausstellung geschehen, kündigten Geselle und Dorn an. epd/ja