Lebensfragen

Geradlinig und empathisch

Was Thomas Meyer in seiner Kolumne rät

von Katharina Schmidt-Hirschfelder  21.10.2021 08:27 Uhr

Foto: PR

Was Thomas Meyer in seiner Kolumne rät

von Katharina Schmidt-Hirschfelder  21.10.2021 08:27 Uhr

Wer auf uneingeschränktes Verständnis für die Motivation hinter seinen Lebensfragen hofft, ist bei der Lektüre von Thomas Meyers Hat sie recht? Unbequeme Antworten auf allerlei Lebensfragen an der falschen Adresse. Unbequem sind Meyers Ratschläge in der Tat. Seine Antworten, eine Sammlung von Meyers beliebter Kolumne »Meyer rät« aus den Jahren 2019 bis 2021 in der Schweizer Boulevardzeitung »SonntagsBlick«, haben es in sich.

Pointiert, humorvoll, verdichtet und wortstark machen sie die Lektüre des nach Themenkomplexen angeordneten Frage-Antwort-Formats zu einer unterhaltsamen Lektüre. Logisch, schließlich ist Meyer kein Psychologe, Coach oder Lebensberater, sondern Autor und Schriftsteller. Als solcher kommt ihm seine feine Beobachtungsgabe und Vorstellungskraft für mehr oder weniger alltägliche Anliegen seiner Mitmenschen wie auch die großen und kleinen Klippen im Leben zugute.

larry-david-drehbuch Die umschifft er nicht etwa, nein, er steuert direkt auf sie zu. Wie Meyer es schafft, bei aller Geradlinigkeit empathisch und einfühlsam auf den jeweils Fragenden einzugehen, und das auf kaum mehr als anderthalb Seiten, erinnert schon beinahe an ein Larry-David-Drehbuch.

Es sind Dilemmata, von denen vielleicht der eine oder andere Leser selbst ein Lied zu singen weiß. Wie sage ich einer Mitreisenden im Zug, dass sie bitte die Füße vom Sitz nehmen soll? Wie kann ich großzügiger werden?

Meyers Ratschläge sind ein Feuerwerk an emotionalen Herausforderungen. Vor allem aber sind sie eines: brutal ehrlich.

Meyer versteht es vortrefflich, tiefer zu graben und so Aspekte zutage zu fördern, die den Fragenden so manches Mal überraschen dürften. »Wenn Sie sich an einem schlechten Frauenbild stören, sollten Sie zuerst Ihr eigenes prüfen. Und nicht gegen Geflüchtete hetzen, sondern Ihr Umfeld maßregeln, wenn dort verbale oder gar physische Fehltritte stattfinden. Das wäre mutig«, konstatiert er auf die Beschwerde eines Fragenden, der sagt, er gelte in seinem Freundeskreis »als Nazi, weil er das Frauenbild von Flüchtlingen« infrage stelle.

gegenfragen Und Meyer stellt Gegenfragen. Bei einer Mutter zum Beispiel, die fragt, wie sie mit ihrem Teenager besser auskommen kann, bohrt er nach: »Was tun Sie genau? Fragen Sie nach Dingen, die Sie nichts angehen? Kann es sein, dass Sie sich fürchten, ihn für immer zu verlieren, wenn Sie sich nicht ständig um ihn bemühen?«

Meyers Ratschläge sind ein Feuerwerk an emotionalen Herausforderungen. Vor allem aber sind sie eines: brutal ehrlich. Ob es um Liebesbeziehungen geht, Kinder, Gesundheit, Sozialleben, Freundschaften, Arbeitswelt oder Haustiere – Thomas Meyer lädt mit seinen Antworten auf erfrischende Weise zum Perspektivwechsel ein. Und er tut es wie ein guter Freund. Denn er konfrontiert den Fragenden neben aller Empathie auch mit unangenehmen Wahrheiten, die dieser vielleicht gar nicht gerne hören mag. Wie das gute Freunde eben tun.

Thomas Meyer: »Hat sie recht? Unbequeme Antworten auf allerlei Lebensfragen«. Diogenes, Zürich 2021, 320 S., 17 €

Musik

»Das Klavier rettete sie«

Ein Gespräch mit der Filmemacherin Sheila Hayman über ihre berühmte Vorfahrin, Fanny Mendelssohn-Hensel, Feminismus und das Geheimnis der Ostersonate

von Katrin Richter  12.01.2025

Essay

Sichtbar und unsichtbar

Über Würde und Bürde jüdischer Erfahrungen – in Israel und in der Diaspora

von Natan Sznaider  12.01.2025

Zahl der Woche

10.027.000 Bürgerinnen und Bürger

Fun Facts und Wissenswertes

 12.01.2025

Aufgegabelt

Schnelle Babka mit Pesto

Rezepte und Leckeres

 12.01.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Über Sicherheit oder Warum wir den Schlüssel zweimal umdrehen

von Nicole Dreyfus  12.01.2025

Kulturkolumne

Kafka und die Dubai-Schokolade

Wie für eine kurze Zeit des Nicht-Besserwissens ganz wunderbar alle Erwartungen zerdeppert wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  12.01.2025

Los Angeles

Trägerverein: Villa Aurora und Thomas-Mann-Haus unversehrt

Beide Häuser haben als Exil-Orte bedeutender Intellektueller während des Nationalsozialismus Bezug zu Deutschland

 11.01.2025

Kino

Die Literaturverfilmung der »Traumnovelle«

Arthur Schnitzlers Erzählung wird für diese filmische Umsetzung ins heutige Berlin verlegt

 11.01.2025

Theater

Berliner Ensemble benennt Innenhof nach Helene Weigel

Die Veranstaltung bildet den Auftakt für das vom »BE« ins Leben gerufene Helene-Weigel-Jahr

 11.01.2025