Das geplante Exilmuseum Berlin soll nach Wunsch der Initiatoren am Anhalter Bahnhof gebaut werden. Ursprünglich sollte das Museum in eine Stadtvilla in Berlin-Charlottenburg einziehen, dem heutigen Sitz des Käthe-Kollwitz-Museums. Inzwischen präferiere die in Gründung befindliche Stiftung Exilmuseum Berlin einen Neubau auf einer Freifläche hinter der Portalruine des Anhalter Bahnhofs, berichtet die Berliner Morgenpost.
Von Anhalter Bahnhof aus seien während der NS-Zeit Zehntausende ins Exil gegangen und ins Ungewisse aufgebrochen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, Kunsthändler Bernd Schulz. Zudem sei klar geworden, dass die ursprünglich geplanten Räume nicht ausreichen würden. Das Museum solle ein Ort sein, der den Inhalt des Wortes Exil begreifbar mache und so ein Zeichen gegen Totalitarismus und Inhumanität setze. Die Idee eines Exilmuseums geht auf Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller zurück.
Flucht Ein weiterer Vorteil des Standorts Anhalter Bahnhof ist laut Schulz die Nähe zu anderen Museen und Institutionen, zu denen eine thematische Verbindung bestehe. Dazu gehörten das Dokumentationszentrum der Bundesstiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung«, die Topographie des Terrors, die davon erzähle, wovor die Emigranten flüchten mussten, und der Martin-Gropius-Bau als erfolgreiches Ausstellungshaus.
Herta Müller hatte ihre Initiative 2011 damit begründet, dass viele Bereiche der NS-Zeit aufgearbeitet seien, aber das Exil ab 1933, die Vertreibung von Hunderttausenden Deutschen ins Ausland, eine Leerstelle in der Museumslandschaft sei. Für solche Biografien müsse es ein Museum geben, erklärte die Schriftstellerin damals in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Die Vertreibung von Hunderttausenden Deutschen ins Ausland, sei in der Museumslandschaft »wie eine stillgestellte Zeit, die wir bis heute nicht an uns heranlassen«, so die Schriftstellerin. Deutschland stehe nicht gut da. Diese Lücke sei die Verlängerung des Verschweigens.
Schicksale Es gebe zwar eine Reihe von Exilforschungen wie beispielsweise das Deutsche Exilarchiv in Frankfurt am Main, führte Müller damals aus. Es gebe aber keinen großen Ort, an dem Flucht und das Exil dargestellt werden als Teil der deutschen Geschichte.
Dabei gehe es nicht nur um prominente Namen wie Thomas Mann, sondern auch um die Millionen kleiner Leute, die ihre Berufe hatten, ihre Wohnung. Die plötzlich ihr Leben retten und alles stehen und liegen lassen mussten. »Für solche Biografien muss es ein Museum geben«, so Müller.
Das 2011 vom damaligen Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) ins Leben gerufene virtuelle Museum »Künste im Exil« im Internet ersetzt nach Überzeugung von Herta Müller nicht einen Ort, »an den wir gehen können und wo Gegenstände und Dokumente gezeigt werden«.
»entartet« Man könne das Problem auch nicht der jüdischen Gemeinschaft überlassen, betont Herta Müller. Es seien nicht nur Juden aus Deutschland geflohen. Auch demokratische Politiker oder moderne Künstler, die als »entartet« galten, konnten in Nazi-Deutschland nicht mehr leben.
Beispielsweise seien der Maler Max Beckmann oder der Politiker Willy Brandt nicht jüdisch gewesen. »Das, was man den Menschen damals angetan hat, die fliehen mussten, haben wir noch nicht angepackt in unserer Erinnerungskultur«, so Müller. ja/epd