Das Land Baden-Württemberg will ein Gemälde des Expressionisten Erich Heckel (1883-1970) an die Erben des jüdischen Vorbesitzers zurückgeben. Die dafür erforderlichen Schritte würden umgehend eingeleitet, teilte das Kunstministerium am Dienstag mit.
Das Land reagiert damit auf die Einschätzung der beratenden Kommission für NS-Raubgut. Es sei von einem NS-verfolgungsbedingten Entzug auszugehen, hatte diese zuvor in Berlin mitgeteilt. Die Entscheidung des von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingesetzten Gremiums erfolgte einstimmig. Das Kabinett in Stuttgart muss nun noch darüber befinden.
UNRECHT Es geht um das von Heckel 1913 gemalte Bild »Geschwister«, das aktuell zu den Beständen der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe gehört. »Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden. Es ist dem Land Baden-Württemberg daher ein umso größeres Anliegen, sämtliche Kulturgüter in Landesbesitz, die den Verfolgten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entzogen worden sind, zu ermitteln und zurückzugeben«, sagte Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne).
Nach dem Willen der Erben soll das Gemälde dem Virginia Museum of Fine Arts, Richmond, USA, gestiftet werden und dort weiterhin öffentlich zu sehen sein. »Dies bietet die Chance, mit dem Museum über die Möglichkeit einer Kooperation nachzudenken«, sagte die Direktorin der Kunsthalle, Pia Müller-Tamm. »Heckels »Geschwister« verbindet ab jetzt unsere Häuser.«
SAMMLUNG FISCHER Das Ölgemälde befand sich laut Kommission bis 1934 im Besitz des Historikers Max Fischer. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er von den Nationalsozialisten individuell und kollektiv verfolgt. 1935 verließ Fischer Deutschland, ein Jahr später emigrierte er in die USA. Die von seinen Eltern geschaffene Sammlung Fischer gehörte zu den wichtigsten deutschen Privatsammlungen expressionistischer Kunst. Im Virginia Museum of Fine Arts, wo auch die »Geschwister« nun hin sollen, sind seit 2009 Werke der Sammlung Ludwig und Rosy Fischer zu sehen.
Das Gemälde befand sich 1944 im Keller von Heckels Wohnhaus in Berlin. Er selbst stiftete es 1967 der Kunsthalle Karlsruhe. Mit der Biennale in Venedig und der Documenta in Kassel war »Geschwister« bereits auf den wichtigsten internationalen Kunstausstellungen zu sehen.
»Es konnte nicht aufgeklärt werden, wann und unter welchen Bedingungen zwischen Januar 1934 und Januar 1944 Erich Heckel in den Besitz des Gemäldes gelangte oder sogar Eigentum an diesem erhielt«, hieß es bei der Kommission. Es sei somit von einem NS-verfolgungsbedingten Entzug auszugehen. Daher der Beschluss der Kommission, »die Restitution der »Geschwister« an die Erben nach Max Fischer zu empfehlen«. dpa