Jubiläum

Geistige Dimension

Jüdische Studien: Das Moses Mendelssohn Zentrum begeht in Potsdam sein 20-jähriges Bestehen

von Ingo Way  10.02.2012 14:48 Uhr

Foto: dpa

Jüdische Studien: Das Moses Mendelssohn Zentrum begeht in Potsdam sein 20-jähriges Bestehen

von Ingo Way  10.02.2012 14:48 Uhr

Auf dem Podium standen ihre Büsten einträchtig nebeneinander, obwohl sie sich im wirklichen Leben wahrscheinlich nie begegnet sind: der Preußenkönig Friedrich II., dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr ausgiebig begangen wird, und der Philosoph Moses Mendelssohn (1729–1786). Gestern abend war es allerdings nicht der königliche Jubilar, der im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam gefeiert wurde, sondern der jüdische Aufklärer – genauer gesagt, das 20-jährige Bestehen des nach ihm benannten Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ).

geschichte Kurz nach der Wende, 1992, von dem Historiker Julius Schoeps gegründet – selbst ein Nachfahr des großen Mendelssohn –, war das MMZ seither nicht nur an der Entwicklung des Faches Jüdische Studien an der Universität Potsdam beteiligt – es setzte auch eigene Schwerpunkte in Gebieten wie europäisch-jüdische Geschichte, jüdische Literatur, Religion und Kunst, Geschichte Israels, Soziologie des Judentums, aber auch in der Forschung zu gesellschaftlich brisanten Themen wie Rechtsextremismus und Antisemitismus.

In einer Zeit, da im Wissenschaftsbetrieb die Devise »publish or perish« gilt, kann sich die Ausbeute des MMZ aus zwei Jahrzehnten Forschungstätigkeit durchaus sehen lassen: Mehr als 300 Buchpublikationen sowie knapp 80 Konferenzen und Vortragsreihen trugen aber nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht zum Profil des MMZ bei.
Und das strahlt aus. Zum Festakt in Potsdam waren etwa 300 Gäste erschienen, darunter Prominenz aus Wissenschaft, jüdischen Gemeinden und brandenburgischer Landesregierung. Kuratoriumsmitglied Rachel Salamander erinnerte in ihrem Grußwort daran, wie seit den 80er-Jahren in der Bundesrepublik Deutschland das Interesse an allem Jüdischen gewachsen sei – »Judentum wurde regelrecht ›in‹« – und somit die geistige Voraussetzung für das Moses Mendelssohn Zentrum geschaffen wurde.

glückwünsche Die Brandenburgische Bildungsministerin Martina Münch überbrachte nicht nur Grüße von Ministerpräsident Matthias Platzeck, sondern äußerte auch die Hoffnung, dass in dem geplanten Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg neben den vier Universitäten in Berlin und Potsdam auch die beiden »An-Institute« – das MMZ sowie das Abraham Geiger Kolleg – gleichberechtigt vertreten sein würden. Schoeps als dem »spiritus rector« des Zentrums für Jüdische Studien wünschte sie jedenfalls, dass das Vorhaben gelingt.

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther. Er sagte, es sei durchaus im Sinne Moses Mendelssohns, wenn die jüdische Theologie als vollwertiges Universitätsinstitut etabliert werden würde (und spielte damit auf die Debatte um den Status und den möglichen Wegzug des Abraham Geiger Kollegs aus Potsdam an). Auch Günther äußerte die Hoffnung, dass bereits in diesem Frühjahr das Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg eröffnet werden könne, und zwar unter Einbeziehung des Moses Mendelssohn Zentrums und des Abraham Geiger Kollegs.

Schoeps und seine zehn Mitarbeiter am MMZ haben aber auch sonst Ambitioniertes vor. Im März steht eine Tagung über die Situation der Juden in Preußen auf dem Programm – und dann ist auch noch die Gründung eines Partnerinsituts in Kroatien geplant. Das Moses-Mendelssohn-Institut an der Universität Zagreb soll sich der Geschichte der Juden in Mittel- und Südosteuropa widmen, von Prag bis zum Balkan.
Der Historiker und ehemalige Brandenburgische Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein würdigte in seinem humorvollen Festvortrag eben diese europäische Ausrichtung des Moses Mendelssohn Zentrums. Der Namensgeber erinnere dabei an eine Zeit, in der Berlin eine »geistige Dimension« hatte, so Enderlein – »das ist aber lange her«.

Film

Das Erbe des Rudolf Höß

Die Doku »Der Schatten des Kommandanten« ist eine wichtige Ergänzung zu Jonathan Glazers Spielfilm »The Zone Of Interest«

von Ayala Goldmann  12.02.2025 Aktualisiert

Künstliche Intelligenz

So Fake, aber so gut

Ein AI-generiertes, an den Antisemiten Kanye West adressiertes Video geht gerade viral. Und es ist eine Wohltat!

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. Februar bis zum 20. Februar

 12.02.2025

Thüringen

Jüdisches Festival aus Geschichte und Gegenwart

Eine hochkarätige Mischung aus Ausstellungen, Lesungen, Konzerten und politischen Formaten wird geboten

 12.02.2025

Berlinale

Zurück auf Los

Das diesjährige Programm bietet tatsächlich mehr Ausgewogenheit. Einige Kino-Vorschläge zur Güte

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025

Hamburg

Wolf Biermann erhält Gema-Preis für sein Lebenswerk

Mit seinen Liedern und Gedichten prägte der Liedermacher die deutsch-deutsche Geschichte. Nun reiht sich eine weitere Auszeichnung in seine Sammlung ein - und der Hamburger reagiert gewohnt humorvoll

 12.02.2025

Berlin

Zwischen Glamour und Gaza: Die Berlinale zum Mitreden

Hollywoodstars wie Timothée Chalamet und Robert Pattinson kommen zu Deutschlands größtem Filmfestival. Auch sonst verspricht die Berlinale viel Gesprächsstoff - darunter politisch brisante Filme

von Sabrina Szameitat  12.02.2025

Berlinale

»Ich werde mich entschuldigen«

Die neue Berlinale-Chefin verspricht ein Filmfestival mit Haltung. Tricia Tuttle im Interview über den Skandal des vergangenen Jahres und Debattenkultur

von Sophie Albers Ben Chamo  11.02.2025

London

Harrison Ford darf in seinen Filmen selten Bart tragen

Er hat eines der bekanntesten Gesichter Hollywoods. Jetzt hat der jüdische Darsteller verraten, warum er meistens gut rasiert vor der Kamera steht

 11.02.2025