Mitarbeiter, die das Haus betreten, tragen noch einen Schutzhelm. Kurz vor der Eröffnung der Berliner Staatsoper Unter den Linden sind alle nervös und freudig erregt zugleich. Mehrere Eröffnungsszenarien hatte Noch-Intendant Jürgen Flimm bereits entworfen, ein Rest Angst ist geblieben. Aber nun wird das Opernhaus nach sieben Jahren Bauzeit am 3. Oktober feierlich wiedereröffnet.
Die Mitarbeiter und Künstler sind glücklich, endlich wieder in ihr Stammhaus zurückzukehren. »Es ist ein schönes Gefühl, wieder hier zu sein und zu sehen, was sich alles verändert hat«, sagt Volker Sprenger vom Orchestervorstand der Staatskapelle. Die erste Bühnenprobe im Saal mit neuer Akustik gab Anlass zur Hoffnung, dass sich das Warten gelohnt hat. »Es klingt richtig gut«, freut sich der Bratschist.
Mängelliste Die Staatsoper Unter den Linden, 1741 bis 1743 von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753) errichtet und nach schweren Kriegszerstörungen 1955 von dem DDR-Architekten Richard Paulick (1903–1979) außen nach historischem Vorbild und innen angelehnt an Rokokoformen wieder aufgebaut, war schon lange sanierungsbedürftig. Marode Bühnentechnik, dumpfe Saalakustik, schlechte Bühnensicht von den Seitenrängen – die Mängelliste war lang.
Im Wettbewerb 2008 siegte ein Entwurf, der mit einem Totalumbau des Saals alle Probleme gelöst hätte. Generalmusikdirektor Daniel Barenboim war begeistert, doch Denkmalschützer und Künstler, aber auch der Verein der Freunde der Staatsoper protestierten. Der Entwurf wurde gekippt und das Stuttgarter Büro Hans-Günter Merz (HG Merz) mit der denkmalgerechten Sanierung des Opernhauses beauftragt.
2010 ging es los, das Ensemble zog in das Ausweichquartier im Schillertheater im Westen Berlins um. 239 Millionen Euro sollte die Sanierung kosten, davon wollte der Bund 200 Millionen übernehmen, die Fertigstellung war für den 3. Oktober 2013 geplant. Doch schon bald häuften sich Probleme: Es gab Planänderungen, der morastige Baugrund bereitete Schwierigkeiten, ein Ingenieurbüro meldete Insolvenz an. Am Ende wurden es sieben Jahre Bauzeit, die Kosten waren auf knapp 400 Millionen Euro gestiegen – ein Debakel, für das ein Untersuchungsausschuss insbesondere der Politik die Verantwortung gab.
Veränderungen Doch nun ist die Staatsoper fit für die Zukunft. Die Bühnentechnik wurde komplett erneuert und das Volumen des denkmalgeschützten Zuschauersaals vergrößert, um die Nachhallzeit von 1,1 Sekunden auf 1,6 Sekunden zu steigern. Wer den Saal jetzt betritt, merkt von diesen Veränderungen auf den ersten Blick nichts. Die Saaldecke wurde jedoch um fünf Meter angehoben. Über dem dritten Rang ist eine Nachhallgalerie eingezogen, die Architekt Merz mit einem bis zur Decke reichenden gewölbten Gitter aus Keramik und Glasfaser kaschierte.
Auch im Apollosaal im ersten Stock, eigentlich Festsaal und Vestibül des Königs mit kostbarem Marmorfußboden, Stuckmarmor und antiken Säulen, wurde die Akustik für kleinere Konzertveranstaltungen verbessert. Hier verbergen sich die Einbauten in der abgehängten Stuckdecke, davon abgesehen wurde der Saal originalgetreu restauriert. Matthias Schulz, designierter neuer Intendant der Staatsoper, der sein Amt im kommenden Frühjahr antreten wird, will den Apollosaal langfristig auch für kleinere Inszenierungen nutzen.
inszenierungen Ein Gewinn für künftige Inszenierungen an der Staatsoper ist der Einbau der neuen Kreuzbühne, wodurch der Bildwechsel der Akte schneller erfolgt. Über 80 Prospektzüge können Lasten von bis zu 1,5 Tonnen bewegen. Ein Quantensprung, sagt Hans Hoffmann, der Technische Direktor der Staatsoper.
»Es sind alles elektromotorische Anlagen, die tolle Sachen machen können, auch die Bühnenbilder, die wir darauf stellen, werden ganz großartig sein«, erklärt Hoffmann. Für die Eröffnung des Hauses am 3. Oktober mit einer Inszenierung der Szenen aus Goethes Faust von Robert Schumann hat der Maler Markus Lüpertz das Bühnenbild entworfen.
Bis die Staatsoper ihren Regelbetrieb aufnehmen wird, müssen sich die Opernfans allerdings noch gedulden. Nach der feierlichen Einweihung am 3. Oktober und der Eröffnungswoche muss das Haus noch einmal schließen, um den letzten Feinschliff zu erhalten. Zum 275. Geburtstag des Opernhauses am 7. Dezember 2017 eröffnet die Staatsoper Unter den Linden dann endgültig ihre Saison.
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