Sensoren, intelligente Gläser und ein Computer, der die Berechnungen übernimmt – das israelische Unternehmen DeepOptics hat es sich zum Ziel gesetzt, ein althergebrachtes Produkt zu revolutionieren, nämlich die Brille. Ihr Produkt hat allerdings gar nichts mit hippen Gadget-Erfindungen wie der Kamerabrille Google Glass oder anderen Freizeit-Wearables, also tragbaren Rechnersystemen wie den beliebten Fitness-Trackern zu tun. DeepOptics möchte vielmehr ein Problem lösen, das viele Fehlsichtige zumindest nervt, wenn nicht sogar im Alltag behindert: Es gibt keine optimale Brille, die sowohl die Nah- als auch Fernsicht ohne nennenswerte Probleme ermöglicht.
Vor allem ältere Menschen, deren Sehvermögen mit der Zeit immer schlechter wird, kennen diesen Brillenärger nur zu gut. Im Supermarkt zum Beispiel schnell die Angaben auf einer Lebensmittelverpackung zu lesen, geht nicht gleichzeitig mit dem Checken der großen Schilder, wo etwas steht. Entweder muss ständig zwischen Nah- und Fernsichtbrille gewechselt werden, was extrem aufwendig ist, oder man muss sich eine Multifokalbrille oder eine Gleitsichtbrille anschaffen.
Eine Multifokalbrille ist eine Sehhilfe, die verschiedene Bereiche aufweist, durch die die scharfe Sicht aus unterschiedlichen Entfernungen sichergestellt werden soll. Erhältlich ist sie mit maximal drei Zonen – nah, mittel und fern. Im Normalfall ist sie allerdings nur für zwei dieser Zonen angelegt. Der Nachteil der Multifokalbrille ist, dass die zur Verfügung stehende Fläche für einen Bereich umso kleiner wird, je mehr Zonen in das Brillenglas eingebaut werden. So wird das scharf zur Verfügung stehende Sehfeld stark eingeschränkt, der Bereich in der peripheren Sicht aber nicht.
schwindel Bei Gleitsichtgläsern ist der Übergang zwischen den Bereichen fließend. Und genau das führt zu äußerst unangenehmen Nebeneffekten, denn das Bild kann plötzlich verzerrt gesehen und eigentlich gerade Linien können als schief wahrgenommen werden, was zu Schwindelgefühl und damit verbunden zu Unsicherheit führen kann. Manche Menschen gewöhnen sich nie an Multifokalgläser, was allerdings erst festgestellt werden kann, wenn die teure Brille bereits angeschafft wurde.
Nun aber möchte das in Petach Tikwa ansässige Unternehmen DeepOptics dem Brillenärger mithilfe moderner Technik ein Ende bereiten. Seit drei Jahren schon arbeiten die Forscher daran und entwickelten ein Modell. »Der Prototyp beweist, dass unsere Technologie die gewünschten Spezifikationen erfüllen kann«, freut sich Geschäftsführer Yariv Haddad. Im Prinzip müsse die bisherige Entwicklung nur noch in eine tragbare Brille verpackt werden, sagt er. Das könne schon im Sommer 2016 geschafft sein. Beim Optiker um die Ecke ist das neue Produkt dann jedoch noch nicht erhältlich. »Es wird zusätzlich noch etwa anderthalb Jahre dauern, bis es fertig ist«, erklärt Hadad.
Sensoren In der Brille steckt schließlich eine Menge Technik. So gibt es Sensoren, die erfassen, in welche Richtung die Augen ihres Trägers blicken. Weitere Sensoren sind dazu da, herauszufinden, ob das Objekt im Fokus gerade ist. Winzige, in den Brillenbügeln versteckte Computer rechnen diese Informationen dann in die benötigte Stärke der Brillengläser um und senden das Ergebnis an das, was früher geschliffenes Glas war. Die DeepOptics-Brillengläser haben nämlich nur noch den Namen mit den herkömmlichen Sehhilfen gemeinsam – wenn man davon absieht, dass beide durchsichtig sind.
Die israelischen Hightech-Gläser bestehen aus drei Schichten; die mittlere von ihnen ist die Schicht, die alles ermöglicht. Sie setzt sich aus einem Gitter von winzig kleinen Flüssigkristallen zusammen, die je nach Anordnung einfallendes Licht unterschiedlich stark brechen. Die Signale aus den Kleinstcomputern können diese Anordnungen ändern und so die Brillengläser auf den momentan benötigten Brechungsindex einstellen.
Für Brillenträger bedeutet dies, dass sie nicht mehr durch bestimmte Bereiche der Brille blicken müssen, um Nahes und Fernes jeweils scharf zu sehen. Die beiden Brillengläser nehmen vollständig die für diese Situation gewünschte Stärke an. »Flüssigkristall-Optiken gibt es schon seit vielen Jahren, aber die Qualität der optischen Korrekturen ist in diesen Dimensionen erst durch unsere Technik möglich«, berichtet Yariv Haddad.
Ein schöner Nebeneffekt ist aber auch, dass man mit den klugen Gläsern nicht unbedingt eine neue Brille braucht, wenn Augenarzt oder Optiker eine Veränderung der Sehschärfe feststellen. Da die Brille ja ohnehin ständig automatisch die Stärke verändert, müssen die jeweils neuen Werte dann nur eingespielt werden. Ein einfaches Update wird weniger Geld und Zeit als ein Neukauf kosten – vielleicht finden die israelischen Forscher bald auch eine Möglichkeit, die Brillenrahmen stets automatisch auf den modisch neuesten Stand zu bringen.