Mehr als 50 Jahre nach seinem Tod ist der ehemalige hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille geehrt worden. Für den 1968 verstorbenen Chefankläger des Frankfurter Auschwitz-Prozesses nahm beim Festakt in der Frankfurter Universität am Donnerstag stellvertretend seine in Schweden lebende Großnichte Marit Tiefenthal die höchste Auszeichnung des Landes Hessen entgegen.
Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) würdigte das Wirken Bauers, der sich in der Nachkriegszeit maßgeblich dafür eingesetzt hatte, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verfolgen.
auschwitz-prozesse Bauer sorgte dafür, dass in den 60er-Jahren in Frankfurt die Prozesse gegen führende Mitglieder der SS-Wachmannschaft im Konzentrationslager Auschwitz geführt wurden. Auch zur Festnahme des NS-Kriegsverbrechers Adolf Eichmann durch israelische Agenten trug er mit Hinweisen maßgeblich bei.
»Fritz Bauer ist eine der Schlüsselfiguren der jungen deutschen Demokratie. Mit seinem Wirken, seiner Beharrlichkeit und seiner Ausdauer ebnete er den Weg Deutschlands zum politischen Neubeginn nach den Grauen des Zweiten Weltkriegs«, begründete Ministerpräsident Rhein die Auszeichnung. »Sein Ziel war dabei nie die Vergeltung – ihm ging es darum, die schrecklichen Verbrechen sichtbar zu machen und aufzuarbeiten.«
Bauer wurde 1903 als Kind einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie in Stuttgart geboren.
Bauer wurde 1903 als Kind einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie in Stuttgart geboren, wo er nach seinem Jurastudium am Amtsgericht der jüngste Hilfsrichter in Deutschland wurde. Im Jahr 1933 musste er sein Amt niederlegen und wurde für einige Monate im Konzentrationslager Heuberg inhaftiert. 1936 emigrierte Bauer nach Dänemark.
flucht Im Oktober 1943, als die Deportation der dänischen Juden begann, gelang ihm mit seiner Familie die Flucht nach Schweden. 1949 kam der Sozialdemokrat mit Unterstützung des damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher nach Deutschland zurück.
Der damalige hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn berief ihn 1956 in das Amt des hessischen Generalstaatsanwalts. In dieser Position leitete Bauer den ersten Auschwitz-Prozess ein, der von Dezember 1963 bis August 1965 stattfand.
Die Wilhelm-Leuschner-Medaille wird seit den 60er-Jahren an Menschen verliehen, die sich vorbildlich für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit eingesetzt haben. Unter den bisherigen Preisträgern sind der evangelische Kirchenpräsident Martin Niemöller, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, Ex-Kanzlerin Angela Merkel, der Philosoph Jürgen Habermas und der 2019 ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke, der die Würdigung im selben Jahr posthum erhielt. epd