IT-Krieg

Frieden schaffen ohne Waffen

Stuxnet: Tanz in Natanz Foto: fotolia

Ein Computervirus namens Stuxnet hat Nuklearanlagen im Iran befallen und könnte sich als schlagkräftige Hochpräzisionswaffe gegen Teherans Atomprogramm entpuppen. Nun rätseln die Experten über den Urheber. Ein Programmierer kommentierte Stuxnet mit den Worten: »In zehn Jahren täglicher Arbeit in der Virenbekämpfung habe ich niemals etwas gesehen, das diesem hier auch nur nahe kommt.« Ein anderer Experte: »So etwas wird von Staaten entwickelt, wenn ihre einzige andere Option ein konventioneller Krieg wäre.«

Zum einen verblüfft das Virus durch den immensen Aufwand, der zu seiner Entwicklung betrieben wurde. Gleich vier bisher unbekannte Sicherheitslücken im Betriebssystem Windows werden verwendet, außerdem zwei gestohlene »Zertifikate« – Codes, die wie ein Ausweis die Vertrauenswürdigkeit eines Programms garantieren sollen. Jede einzelne dieser Sicherheitslücken würde auf dem Schwarzmarkt sechsstellige Summen kosten.

präzision Zum anderen zielt das Virus präzise auf eine sehr spezielle Umgebung: Ein Teil von Stuxnet wird nur in Industrieanlagen aktiv, die von der Siemens S7-SPS-Software gesteuert werden – sie wird in zahlreichen iranischen Anlagen benutzt. Doch auch hier prüft das Virus zunächst, ob es in der richtigen Anlage gelandet ist. Dann schickt es nicht nur Daten an einen ausländischen Computer, sondern kann auch die kontrollierte Maschine manipulieren. Wird beispielsweise der Gasdruck in einem Tank überwacht, dann kann eine solche Software nicht nur den Druck erhöhen, sondern auch die damit sonst einhergehende Warnmeldung unterdrücken.

Tatsächlich hat das Virus offenbar gewaltigen Schaden angerichtet: Laut einem Informationstechnik-Experten des iranischen Ministeriums für Bodenschätze sind 30.000 Computer infiziert. Die Zahlen der Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) zeigen, dass zwar kontinuierlich neue Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage im iranischen Natanz aufgestellt werden, seit dem Sommer 2009 aber immer weniger tatsächlich funktionieren.

atempause Über den Absender des Virus wird niemals Klarheit herrschen, es kommen aber nur wenige Akteure in Frage. Private Organisationen scheiden aus, nur einige wenige große Softwarehersteller könnten das notwendige Personal abstellen. Gewöhnliche Cyberkriminelle würden solchen finanziellen und logistischen Aufwand niemals ohne eine entsprechende Rendite treiben – und Stuxnet verfolgt kein Geschäftsmodell, mit dem Geld zu verdienen wäre. Nur ein paar Staaten wird die nötige Kompetenz zugetraut: den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und natürlich Israel. Just als Stuxnet aktiv wurde, erschien auf einer israelischen Nachrichtenseite ein ausführlicher Artikel über die Cyberkriegsfähigkeiten des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet. Pikanterweise wird hier sogar explizit die ungewöhnliche Verbreitungsmethode erwähnt, die tatsächlich zum Einsatz kam.

Doch egal, wer dahinter steckt: Der erfolgreiche Angriff beschert der westlichen Welt die dringend benötigte Verzögerung der iranischen Bombe, und das, ohne einen einzigen Schuss abzugeben.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

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Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

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Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

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Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025