Im Jahr 2012 berief Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine wissenschaftliche Kommission ein, die die NS-Vergangenheit ihres Ministeriums untersuchen sollte. Ein Ergebnis dieser Kommission ist der von Manfred Görtemaker und Christoph Safferling herausgegebene Band Die Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Vergangenheit – eine Bestandsaufnahme, der sich dem Thema widmete, wie Nazi-Juristen nach 1945 wieder in Ämter und Würden kamen.
Bei der Präsentation des Bandes im Juni in Berlin hielt der Publizist und Schriftsteller Ralph Giordano eine viel beachtete Rede mit dem Titel »Der perfekte Mord. Die deutsche Justiz und die NS-Vergangenheit«, die in der Jüdischen Allgemeinen in Auszügen dokumentiert wurde. Nun ist der vollständige Text von Giordanos Rede in Buchform erschienen.
Giordano, der die NS-Zeit in einem Kellerversteck in Hamburg überlebte und im vergangenen März 90 Jahre alt wurde, verknüpft darin den bundesdeutschen »Frieden mit den Tätern« mit seiner eigenen Biografie. An zahlreichen Prozessen gegen Nazi-Verbrecher nahm Giordano als Berichterstatter teil, und er ist bis heute erschüttert darüber, wie viele von ihnen mit lächerlich geringen Strafen davongekommen sind oder gar nicht verurteilt wurden.
»Keine NS-Spezies hat vom Großen Frieden mit den Tätern so gründlich profitiert wie die Juristen unterm Hakenkreuz«, so Giordano. »Die Justiz des Dritten Reiches war der Mantel über allen NS-Massen- und Ausrottungsverbrechen.« Spät, aber immerhin doch, hat sich das Bundesjustizministerium entschlossen, die personellen Kontinuitäten in den eigenen Reihen aufzuarbeiten.
Ralph Giordano: »Der perfekte Mord. Die deutsche Justiz und die NS-Vergangenheit«. Mit einem Geleitwort von Frau Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013, 38 S., 9,99 €