»Schindlers Liste«

Freier Eintritt für AfD-Mitglieder

Ben Kingsley (l.) im 1993 gedrehten Film »Schindlers Liste« Foto: dpa

Ein Kino in Rheinland-Pfalz sorgt mit einer Gratis-Aktion für AfD-Mitglieder für Aufsehen gesorgt: Für den internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar bot es ausschließlich AfD-Mitgliedern freien Eintritt zur Vorstellung von Schindlers Liste.

Aufgrund der »sogar international hohen Resonanz« auf diese Aktion entschied die Geschäftsführung des Kinos in Hachenburg im Westerwald am Donnerstag aber, allen Interessierten den Eintritt zu dem »vielfach ausgezeichneten Meisterwerk zu erlassen«.

»Wir behaupten überhaupt nicht, AfD-Wähler seien Nazis«, betont das Kino.

DEBATTE »Das eigentliche Ansinnen des Kinos, den Film einem möglichst breiten Publikum zugängig zu machen, soll wieder in den Vordergrund der öffentlichen Debatte treten«, so die Begründung. In dem 25 Jahre alten Spielfilm von Steven Spielberg geht es um den deutschen Unternehmer Oskar Schindler (1908–1974), der während des Nazi-Regimes mehr als 1000 Juden vor dem Vernichtungslager rettete.

Der Film diene der »offensichtlich notwendigen historischen Bildung«, heißt es in der Mitteilung des Kinos. »Das Kino möchte damit beitragen, diese Lücke zu schließen.«

Der freie Eintritt für AfD-Mitglieder hatte zuvor ein geteiltes Echo gefunden. Kritik kam von der AfD, Lob von der SPD. Fachleute bewerten die Initiative unterschiedlich.

VERHARMLOSUNG »Das war eine Provokation, wir haben hier schon eine AfD-Szene«, hatte Kino-Geschäftsführerin Karin Leicher gesagt. »Wir behaupten überhaupt nicht, AfD-Wähler seien Nazis«, hieß es auf der Website. »Nach unserer Einschätzung lässt das AfD-Parteiprogramm allerdings doch stark auf eine Verharmlosung der damaligen Ereignisse schließen.«

Kritik kommt – natürlich – von der AfD, Lob von der SPD.

»Unser Hauptanliegen ist aber der Film«, hatte Leicher betont. Marketing-Gründe steckten nicht hinter der Idee. »Unser Kino läuft auch so gut.« Ziel sei es, Spielbergs Meisterwerk jungen Menschen nahezubringen – und gerade die hätten positiv reagiert. Einen größeren Shitstorm habe es nicht gegeben, auch wenn die Polizei nach eigenen Angaben einen im Internet verbreiteten Film und ein Posting zu der Aktion auf strafrechtlich relevante Inhalte prüft.

Der Marburger Rechtsextremismusforscher Benno Hafeneger hatte von einem »problematischen volkspädagogischen Angebot« gesprochen und die Gleichbehandlung vermisst. Der Parteienforscher gab aber auch zu Bedenken: »Wir sind alle noch auf der Suche im Umgang mit der AfD.« Sowohl in der parlamentarischen Debatte als auch in der öffentlichen Diskussion müssten noch Erfahrungen gesammelt werden.

Der rheinland-pfälzische Landtagspräsident lobt die Aktion des Kinos.

GELUNGEN Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel hielt die Aktion dagegen für »ganz gut gelungen«, weil diskutiert werde. Dabei gehe es um eine offene Flanke der AfD: »Wenn das eine konservative Partei ist, die sich deutlich abgrenzen will von Rechtsextremen, was ihr nicht immer gelingt, dann ist das ein Anlass, auf ihre Verantwortung hinzuweisen.«

Der Hachenburger Bürgermeister Stefan Leukel (CDU) hatte zu bedenken gegeben: »Man bringt damit eine Partei wieder ins Gespräch, ohne dass sie ein eigenes Thema bringt.«

Der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge hatte auf Twitter kritisiert: »Ein erneuter plumper Versuch, die AfD in die Nähe des Nationalsozialismus zu rücken!« Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Joachim Paul, hatte sich für eine Diskussion nach dem Film ausgesprochen.

»Wir sind sehr gespannt zu erfahren, welche Passagen aus unserem Parteiprogramm die Einschätzung rechtfertigen, die AfD würde die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosen«, so Paul. Das Kino plant eine Gesprächsmöglichkeit nach der Vorführung.

Der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD), zu dessen Wahlkreis Hachenburg gehört, lobte die Aktion dagegen auf Twitter: »Sind halt Hachenburger, die Haltung zeigen und mit den Mitteln, die dem Kino zur Verfügung stehen, sich klar positionieren.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025