»Verluste – Antonia gewidmet«

Flucht aus Berlin

Lea Goldbergs Roman aus den 30er-Jahren erscheint erstmals auf Deutsch

von Ingo Way  25.07.2016 20:00 Uhr

Foto: Arco

Lea Goldbergs Roman aus den 30er-Jahren erscheint erstmals auf Deutsch

von Ingo Way  25.07.2016 20:00 Uhr

Am Vorabend des »Dritten Reichs« lernt der Dichter Elchanan Jehuda Kron in der Berliner S-Bahn die Studentin Antonia Dieterle kennen, in die er sich sofort verliebt. Als er ihr kurz darauf in einer Vorlesung an der Friedrich-Wilhelm-Universität wiederbegegnet, ist es endgültig um ihn geschehen. Mit Antonias Hilfe hofft Kron, über diverse Verluste in seinem Leben hinwegzukommen: den seiner Ehefrau, die ihn verlassen hat, den seiner russischen Heimat und Muttersprache sowie den des Lebens im Kibbuz, das er hinter sich gelassen hat.

Vergebens: Im Berlin des Jahres 1932 fühlt der Protagonist sich so einsam und verloren wie die Autorin Lea Goldberg, deren literarisches Alter Ego Elchanan Jehuda Kron ist. Zu allem Überfluss wird Kron dann auch noch in eine Intrige hineingezogen, die sich um eines seiner hebräischen Gedichte dreht, das ihm auf ungeklärte Art und Weise verloren gegangen ist ...

Atmosphäre Verluste war der erste Roman der Lyrikerin und Sprachwissenschaftlerin Lea Goldberg (1911–1970), die seinerzeit zu den wichtigsten Intellektuellen Israels zählte und als Übersetzerin unter anderem Shakespeare, Dante, Tolstoj, Rilke und Baudelaire ins Hebräische übersetzt hat. Zudem war sie vor allem als Kinderbuchautorin bekannt. Verluste, gleich nach Goldbergs Flucht nach Erez Israel im Jahr 1935 begonnen, erschien erst 2010 postum im hebräischen Original (Avedot – Mukdasch le-Antonia).

Goldbergs sowohl an der Bibel als auch an der literarischen Moderne geschultes Hebräisch so im Deutschen wiederzugeben, dass man an keiner Stelle das Gefühl hat, es mit einer Übertragung zu tun zu haben, ist das große Verdienst der Übersetzerin Gundula Schiffer. Um die Sprache und den Humor Goldbergs sowie die Atmosphäre der frühen 30er-Jahre lebendig zu machen, hat sich Schiffer am Stil zeitgenössischer Autoren wie Kurt Tucholsky, Mascha Kaléko, Irmgard Keun und Joseph Roth orientiert. Verluste – Antonia gewidmet ist womöglich eine der wichtigsten literarischen Wiederentdeckungen des Jahres.

Lea Goldberg: »Verluste – Antonia gewidmet«. Roman. Arco, Wuppertal 2016, 400 S., 26 €

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024