Hamburg

Flashback in den Wedding

Filmszene aus »Ein nasser Hund« nach der Biografie von Arye Sharuz Shalicar Foto: pr

Soheil steht am Rand einer Wiese und beobachtet eine Gruppe Jugendlicher beim Kicken. Er spürt die abschätzenden Blicke. »Was willst du? Verpiss dich!«

Aber der 16-Jährige lässt sich nicht vertreiben. Er ist neu im Wedding, will endlich dazugehören. Die Jugendlichen kommen bedrohlich näher. »Woher kommst du?« »Göttingen.« »Mm. Zeig‹ erst mal, was du kannst.« Husseyin, der Anführer, gibt schließlich sein Okay.

Herkunft Die Lüge ist seine Eintrittskarte. Soheil, Sohn iranisch-stämmiger Juden, die vorher in Göttingen gewohnt haben, weiß, dass er seine Herkunft verschweigen muss, wenn er mitspielen will. Er spürt den täglichen Antisemitismus im Wedding, dazu das Machogehabe der anderen Jugendlichen dort, die überwiegend türkische, kurdische oder arabische Wurzeln haben und muslimischen Glaubens sind. Der Film zeigt, wie sich Soheil mit Schlägereien und Drogendeals einen Platz in der Gruppe erkämpft. Er verliebt sich in Selma, und Husseyin wird sein bester Kumpel. 

Regisseur Damir Lukacevic hat sich weit von der Vorlage entfernt. Die Autobiografie Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude von Arye Sharuz Shalicar ist 2010 erschienen und erzählt von seiner Jugend in den 90er-Jahren. Der Film Ein nasser Hund spielt in der Gegenwart, in der Graffiti- und Hip-Hop-Szene, und setzt auf Action. Lukacevic hat ihn darüber hinaus in eine Rahmenhandlung eingebettet. Anfang und Ende zeigen den erwachsenen Soheil als Soldat in Israel, wie er den illegalen Grenzübertritt eines Palästinensers verhindert und dabei von einem kleinen Jungen mit Steinen beworfen wird.

Liebe In Flashbacks erinnert er sich an seinen Freund Husseyin in Berlin-Wedding und an seine erste Liebe Selma. Diese Rahmenhandlung lenkt vom Kern der Geschichte eines jüdischen Jugendlichen ab, der nach seiner Identität sucht. »Für die Deutschen war ich ein Kanake, für die Muslime ein Jude und für die Juden ein krimineller Jugendlicher aus dem Wedding.«

Der Film überzeugt als spannende Milieustudie. Und die jungen Darsteller sind hinreißend, allen voran Derya Dilber (Selma), Doguhan Kabadayi (Soheil) und Mohammad Eliraqui (Husseyin).

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025