Sehen!

Final Account

Szene aus »Final Account« Foto: imago images/ZUMA Press

Hat es das bisher in dieser Form gegeben? Einen Kinofilm über den Holocaust, der nicht den Opfern, sondern den Tätern eine Stimme gibt, jenen Menschen, die, manche direkter als andere, Teil von Hitlers Vernichtungsmaschinerie waren? Auch wenn die Abrechnung mit dem Unmenschlichen so final niemals sein kann, wie der Titel von Luke Hollands Dokumentarfilm Final Account suggeriert: Es ist ein so erschreckender wie wichtiger Film.

Final Account ist ein Groß- und Herzens­projekt. Der britische, 2020 kurz nach der Postproduktion des Films verstorbene Regisseur hat ab 2008 rund 300 Interviews mit Tätern und Zeugen gefilmt. Hollands jüdische Mutter selbst floh vor dem Einmarsch der Deutschen aus Wien, seine Großeltern wurden im Konzentrationslager getötet.

CHRONOLOGIE Der Film folgt der Chronologie von Hitlers Ernennung zum Reichskanzler 1933 bis zur Wannsee-Konferenz 1942. Auf das Insert »Täter sind nicht böse. Sie werden gemacht« zu Beginn folgt das Porträt jener Generation, die in Hitlers Deutschland groß wurde. Einer erzählt, er sei gegen den Willen der Eltern vom Lehrer zum Nazi erzogen worden, ein anderer, dass das tagtägliche Uniformtragen eine zivile Orientierung verunmöglichte.

Der Film schreitet die Etappen der damals Pubertierenden von der Hitlerjugend beziehungsweise dem Bund Deutscher Mädel bis hin zu »Karrieren« in der SS oder im bürokratischen Apparat ab. Da ist die Rede von den »tollen Wanderliedern« aus der Jugend, von dem »süßen Geruch« nahe der Krematorien, davon, dass man etwas wusste, sich aber nicht traute, aufzubegehren. Waren sie alle Täter? Einer Schuld sind sich viele, nicht alle, bewusst. Der größte Altnazi erkennt die SS und Hitler bis heute nicht als kriminell an.

taktung In gnadenloser Taktung reihen sich in einer Montage mit historischen Aufnahmen und Fotos die Interviews aneinander: eine ambivalente Kartografie der Perspektiven, die viel erzählen über ideologische Indoktrination, Mitläuferschaft, Verdrängung, Läuterung und, im schlimmsten Fall, lebenslanger Überzeugung.

Viele Aussagen in diesem Film machen fassungslos, doch es ist immens wichtig und Hollands Verdienst, dass diese Menschen überhaupt reden. Final Account macht das Kino zum Aufarbeitungsapparat.

Der Film läuft am 28. April in den Kinos an.

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024