Schabbat

Fahren ohne Funken

Geist bewegt Materie – zunächst nur in Berlin-Tempelhof Foto: autonomus

Eine Erfindung aus Berlin könnte den Rabbinern demnächst Arbeit bescheren: ein Auto, das durch Hirnströme gesteuert wird. Die Rabbiner müssten entscheiden, ob es damit »koscher« für die Nutzung am Schabbat ist, an dem fromme Juden weder einen Lichtschalter betätigen dürfen, noch gar einen Motor starten.

Derzeit testet die Forschergruppe »AutoNOMOS« von der Freien Universität Berlin den Prototyp auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Ein Fahrer setzt sich dafür eine Art Helm auf den Kopf, der mit Sensoren versehen und mit einem Computer verbunden ist. Gelenkt wird das Auto durch eine Bewegung der Augen.

Diese Woche war das Fahrzeug, das in nicht allzu ferner Zukunft Marktreife erlangen könnte, bereits Thema bei der 18. Tora- und Wissenschaftskonferenz in Israel. Ausgerichtet wurde das Gelehrtentreffen vom Jerusalem College of Technology, der Yeshiva University und der Bar-Ilan-Universität.

gesetz Rabbiner Dror Fixler von der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan ist überzeugt, dass das Thema eine Debatte über das talmudische Gesetz in Gang bringen werde – unabhängig davon, ob die Rabbiner das Fahren des Autos am Schabbat letztendlich bewilligen werden oder nicht. Der eigentlich verbotene Akt ist es, einen Funken auszulösen. Damit ist auch die Betätigung der Zündung beim Start des Autos untersagt.

Diese Vorschrift betrifft auch das Drücken eines Lichtschalters oder eines Fahrstuhlknopfes. In israelischen Hotels ist es längst üblich, dass zumindest ein Aufzug am Feiertag auf jeder Etage hält, ohne dass ein Knopf betätigt werden muss.

tricks Die Vorschrift, am Schabbat keinen Funken auszulösen, erklärt Hagai Dagan, Dozent für Jüdisches Denken am Sapir-College in Sderot, »wird in dem Moment verletzt, wenn eine Zündung gestartet wird«. Dabei sei es völlig unerheblich, ob dies per Hand oder durch Hirnströme geschieht. Dennoch hält es auch Dagan nicht für ausgeschlossen, dass das Auto doch als »koscher« für den Gebrauch am Schabbat erklärt werden wird. »Die Ultraorthodoxen suchen immer nach Wegen, mit denen sie Gott austricksen können«, so der Gelehrte. Je komplexer sich die Welt entwickelt, desto schwerer sei es, den 6.000 Jahre alten religiösen Regeln noch nachzukommen, urteilt Dagan.

Derweil beschäftigt die Erfinder in Berlin wohl weniger die Frage, ob ihr Gefährt Schabbat-tauglich ist oder nicht. Sie treibt mehr die Frage um, wie es sich verkehrssicher machen lässt. Als potenzielle Kunden haben sie eher behinderte Menschen vor Augen als fromme Juden.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

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Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

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Berlin

Eine krasse Show hinlegen

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NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

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Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

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Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

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Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025