Groucho Marx hatte recht: Man sollte keinem Klub beitreten, der Leute wie einen selbst aufnimmt. Aber das war vor Facebook. In dem sozialen Netzwerk tritt man Klubs – die dort Gruppen heißen – nicht nur bei. Man wird ihnen auch beigetreten, ohne eigenes Zutun. Und so fand ich vor einiger Zeit in meinem Nachrichtenfach die Mitteilung: »XY hat dich der geschlossenen Gruppe Soundso zugefügt.«
Die Gruppe, der ich damit jetzt angehörte, bestand hauptsächlich aus jüdischen Mitgliedern, die sich – Überraschung! – dem Kampf gegen Antisemitismus und für Israel verschrieben hatten. Einwände gegen die ungefragte Mitgliedschaft erhob ich keine. Ich wollte nicht riskieren, vorwurfsvoll im Gestus jüdischer Mammes gefragt zu werden: »Bist du etwa für Antisemitismus und gegen Israel?«
Außerdem stand ich damals am Anfang meiner Facebook-Karriere und fühlte mich geschmeichelt. Der Begriff »geschlossene Gruppe« hatte etwas Exklusives. Vielleicht war es sogar, ich erinnere mich nicht mehr genau, eine »geheime Gruppe«. Noch exklusiver und mit Anklängen an die Weisen von Zion.
Schmocks Ganz so geschlossen und/oder geheim war das Gruppenleben aber dann doch nicht. Statt spannende Kabalen zu schmieden, wurden im Wesentlichen Links über judenfeindliche oder antizionistische Vorkommnisse in Oer-Erkenschwick, Villingen-Schwenningen oder Kyritz an der Knatter geteilt.
Risches, wohin man schaute! Mir ging es wie Capitaine Renault in dem Film Casablanca: »Ich bin schockiert! Schockiert!« Zumal die News selten wirklich neu waren. Ich hatte sie meist schon anderswo gelesen. Peu à peu ließ deshalb mein Interesse am Gruppenleben stetig nach. Die Beiträge überflog ich nur noch oder ignorierte sie ganz.
Bis eines Tages in meinem Nachrichtenfach die Mitteilung lag: »NN hat dich der geschlossenen Gruppe Soundso/B zugefügt.« Der Facebook-Verein hatte sich offenbar gespalten. Grund dafür war, wenn ich es richtig verstand, entweder, dass die ursprüngliche Gruppe zu weit nach rechts gedriftet oder zu linkslastig war, zu siedlerfreundlich oder zu friedensbewegt. Vor allem aber, dass die Administratoren Schmocks waren, die wertvolle Beiträge zensiert hatten beziehungsweise Schrott unzensiert passieren ließen.
Hickhack In jedem Fall hieß es, sich jetzt zu entscheiden zwischen den nunmehr verfeindeten Gruppen. Soundso A oder Soundso B? Ich tat darauf das einzig Sinnvolle und trat aus beiden Gruppen aus. Für innerjüdischen Hickhack brauche ich Facebook nicht. Ich wohne in Berlin, wo es den reichlich gibt, einschließlich realer physischer Konfrontationen. Da können virtuelle Kloppereien nicht mithalten.
Jetzt gehöre ich auf Facebook nur noch einer Gruppe an. Sie heißt »Curmudgeons Arise« und besteht aus grantigen alten Leuten wie mir. Wir nölen darüber, wie schlecht die Zeiten sind, verglichen mit der Ära unserer Jugend, und wie dumm und undankbar die jungen Leute heutzutage sich benehmen. Falls Sie beitreten wollen: Leute wie Sie nehmen wir nicht auf!