Nach antisemitischen und israelfeindlichen Äußerungen von Filmschaffenden zum Nahost-Konflikt bei der Berlinale-Preisverleihung hat die Kulturwissenschaftlerin Stella Leder der Festivalleitung des Filmfestivals mangelnde Haltung vorgeworfen.
»Als öffentlich geförderte Kulturinstitution muss ich auf solche antisemitischen Vorfälle vorbereitet sein und die von Dritten geäußerten Positionen sofort in einen Kontext stellen können«, kritisierte Leder die Verantwortlichen der Berlinale. Die Moderation hätte auf die Äußerungen gleich auf der Bühne eingehen müssen, ohne die Künstler in der Öffentlichkeit zu beschädigen, sagte Leder.
Künstler hatten bei der Preisverleihung auf dem Filmfestival Berlinale am Samstagabend unter anderem von einem »Genozid im Gazastreifen« gesprochen, und Israel »Apartheid« vorgeworfen. Der Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober auf Israel mit 1200 Toten blieb dagegen unerwähnt.
Vor dem Hintergrund des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober und des sich daran anschließenden Gaza-Kriegs müsse derzeit jede Kulturinstitution darauf vorbereitet sein, dass es zu antisemitischen Äußerungen kommen könne.
»Es ist in Ordnung, wenn man zum Nahost-Konflikt verschiedene Positionen zulässt, man muss dann als Kulturinstitution aber auch wissen, wo die rote Linie überschritten ist«, sagte Leder, die Herausgeberin des Buches »Über jeden Verdacht erhaben? Antisemitismus in Kunst und Kultur« ist.
Bei den Äußerungen der Künstler handele es sich um israelbezogenen Antisemitismus, erläuterte die Kulturwissenschaftlerin. »Da wurde der Gaza-Krieg erwähnt und Israel verurteilt ohne den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober zu thematisieren.« Dies führe zu einer einseitigen Verurteilung von Israel.
Kulturstaatsministerin Roth äußerte am Montag Kritik an den Filmschaffenden
Grundsätzlich seien verschiedene politische Positionen begrüßenswert, sagte Leder. Jedoch müsse es die Aufgabe von Kulturinstitutionen sein, der Einseitigkeit von politischen Positionen entgegenzutreten. Zudem beobachtet die Wissenschaftlerin eine große Unsicherheit, Antisemitismus als solchen zu erkennen. »Da fehlt seit Jahren eine echte Auseinandersetzung mit dem Thema im Kulturbetrieb«, kritisierte Leder. ja/epd