Trotz scharfer Kritik hält die Evangelische Akademie Bad Boll (Göppingen) an ihrer umstrittenen Nahost-Tagung fest. Die Veranstaltung, die am Freitagabend beginnen soll, werde wie geplant stattfinden, sagte Akademie-Direktor Jörg Hübner.
Zuvor hatte unter anderem der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, eine Absage der Tagung gefordert. Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, sprach sich für eine Verschiebung und Einladung von Kritikern aus.
Referenten Auch die Akademie »identifiziere sich mitnichten mit der BDS«, betonte der Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll, Jörg Hübner. Allerdings räumte er ein, dass einige der eingeladenen Referenten der israelfeindlichen Bewegung BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) »sicherlich nahestehen«.
Von Anfang an sei allerdings der Wunsch da gewesen, alle Seiten in die Tagung einzubinden, was aber nicht gelungen sei, weil sich nicht alle Gruppen auf einen Diskurs eingelassen hätten, so Hübner. Dass dieser Eindruck der Einseitigkeit entstanden ist, bedauere er sehr.
Landesbischof Frank Otfried July übt scharfe Kritik an der einseitig israelkritischen Ausrichtung der Palästina-Tagung. »Die Kirchenleitung hätte es für angemessen gehalten, die Tagung zu verschieben und zu einem späteren Zeitpunkt in einer breiteren Aufstellung gerade auch die Stimmen der Kritiker einzubinden«, teilte July aus Anfrage mit.
Autonomie Als Kirchenleitung respektiere man die Autonomie der Akademie, werde aber mit Kuratorium und Akademievorstand über die Veranstaltung noch einmal ins Gespräch kommen, erklärte July. Der Bischof hält sich derzeit im Libanon auf, wo er Kirchen sowie Bildungs- und Friedensprojekte besucht.
Zu einem echten Dialog gehöre, gerade in schwierigen Konflikten unterschiedliche Positionen zur Sprache zu bringen. Die Kirchenleitung habe deshalb die Evangelische Akademie »eindringlich gebeten«, weitere Stimmen zu gewinnen. »Die Delegitimierung Israels durch die BDS-Bewegung lehnt die evangelische Kirchenleitung eindeutig ab.«
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte unterdessen in der Tageszeitung »Die Welt« die Absage der Tagung, weil dort Unterstützern der »israelfeindlichen und antisemitischen« BDS-Bewegung ein Forum geboten werde. Er halte die Konferenz für »äußerst bedenklich«, sagte Klein. »Die Bewegung BDS vergleicht die Politik Israels mit der eines Apartheidstaats. Damit wird der Staat Israel delegitimiert«, führte Klein aus.
Narrative Es sei nichts dagegen einzuwenden, sich mit der Politik des Staates Israel kritisch auseinanderzusetzen und sich für die Rechte der Palästinenser zu engagieren, ergänzte er. »Aber wenn dabei antisemitische Narrative verwendet werden, sollte das unseren Widerstand hervorrufen.« Er appelliere daher an die Leitung der württembergischen Landeskirche, auf eine Absage oder Neukonzeption der Tagung hinzuwirken, »um Unterstützern der israelfeindlichen und antisemitischen BDS-Bewegung kein Forum zu geben«.
Landesbischof Frank Otfried July habe öffentlich geäußert, er lehne Ansinnen und Vorgehen der BDS-Bewegung ab, sagte Klein. »Um glaubwürdig zu erscheinen, sollte er einschreiten, wenn im Bereich seiner Landeskirche offen für BDS geworben wird«.
Die Tagung steht unter dem Titel »Shrinking space im Israel-Palästina-Konflikt. Aufbruch zu einem konstruktiven Miteinander« und findet vom 21. bis 23. September statt. Es treten mehr als 20 Personen aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft auf, darunter auch Politiker der Linken und Grünen.
»Nakba« Zusätzlich soll im Rahmen der Tagung die umstrittene Schau Die Nakba – Ausstellung zur Situation der Palästinenser gezeigt werden, die wegen ihrer einseitigen israelfeindlichen Sicht in der Kritik steht. Sie werde allerdings nur in Ausschnitten Diskussionsgegenstand der Konferenz sein, sagte Akademie-Direktor Hübner. Zudem werde der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume durch einen Vortrag auf der Tagung seine Sicht darlegen. epd/ja