Sehen!

Eva Menasse im Gespräch

»Sie haben sich aber aufmunitioniert mit Zitaten«, sagt Menasse, als Friedman einschlägige Heimat-Äußerungen in Anschlag bringt. Foto: screenshot

Sehen!

Eva Menasse im Gespräch

Die österreichische Autorin und der Publizist Michel Friedman diskutieren über den Begriff Heimat

von Eugen El  11.03.2021 12:07 Uhr

Eigentlich, stellt Eva Menasse ganz zu Beginn klar, ist Heimat für sie ein »schwieriger, schlimmstmöglich missbrauchter und mit Kitsch aufgeladener Begriff«.

Vergangene Woche aber hatte Michel Friedman die Schriftstellerin ins Jüdische Museum Frankfurt eingeladen, um über genau diesen Begriff zu sprechen. Schon nach fünf Minuten wird deutlich: Für Menasse ist Heimat nicht an einen Ort gebunden, vielmehr sieht sie darin eine Sehnsucht, »eine Utopie des Positiven«. Wo aber schon nach wenigen Minuten alles halbwegs geklärt scheint, wie kann dieses auf YouTube live übertragene Gespräch noch weitergehen, ohne redundant zu werden?

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Sprache Ja, Menasse wird noch die österreichische Sprache, Mentalität und vor allem die österreichische Literatur zu ihrer Heimat erklären. Die in Berlin lebende Autorin wird irgendwann auch Wien als ihre Heimatstadt deklarieren. Ansonsten aber wird sie sich gegen Friedmans Versuche wehren, sich rhetorisch aus der Reserve locken zu lassen. »Sie haben sich aber aufmunitioniert mit Zitaten«, sagt Menasse, als Friedman einschlägige Heimat-Äußerungen in Anschlag bringt. »Mir ist Ihre Frage zu unkonkret«, entgegnet sie ein anderes Mal. Menasse bleibt streng und skeptisch.

Erst die Identitätspolitik bringt das Gespräch wieder auf Trab. Menasse ordnet ein: Minderheiten wie Transpersonen etwa wollen ihre Opfergeschichten aus ihrer Sicht erzählen. Das sei etwas, was Juden schon gemacht hätten. »Ich verstehe den Wunsch, im eigenen Leid anerkannt zu sein. Was daraus folgt, finde ich problematisch«, sagt Menasse. Die sich voneinander abgrenzenden Opfergruppen werden immer kleiner und unversöhnlicher.

Vernunft Dann geht es um Deutschland. Menasse bleibt gelassen. Sie glaubt an die politische Vernunft der entscheidenden Mehrheit der Deutschen. Es wird dann noch über globalisierte »Anywheres« und ortsgebundene »Somewheres« gesprochen.

Erst spät kommt mit dem Konzept der Diaspora ein dezidiert jüdischer Akzent hinzu. »Ein Gedankengebäude, mit dem man sich verbinden kann« nennt es Menasse. Ein Konzept, das eine Bindung zum Jüdischsein ermöglicht, auch wenn man nicht jüdisch-religiös aufgewachsen ist. Und schon ist die Zeit dieses Gesprächs, von dem sich jede Minute des Zuhörens lohnt, um.

Kino

Jüdisches Filmfest stellt 57 Produktionen vor

Vom Streifen eines beduinischen Regisseurs bis hin zu einem Neo-Western mit einem Rabbi als Actionheld ist dieses Jahr eine Bandbreite an Filmen zu sehen

 29.03.2025

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  28.03.2025

Patrick Modiano

Tanz durch die Erinnerung

Patrick Modianos Hommage an eine namenlose Tänzerin widmet sich den kleinen Dramen des Alltags, die es zu meistern gilt

von Ellen Presser  28.03.2025

Taffy Brodesser-Akner

Vom Dibbuk im Getriebe

Gleich drei Generationen sind in dem neuen Roman der amerikanischen Journalistin und Autorin ziemlich dysfunktional

von Sharon Adler  28.03.2025

Roberto Saviano

Intrigen und Verrat

Der italienisch-jüdische Autor schreibt sprachgewaltig in zwölf Erzählungen über die Frauen in der Mafia

von Knut Elstermann  28.03.2025

Thomas Mann

König der Emigranten

Martin Mittelmeier beleuchtet Leben und politisches Wirken des Nobelpreisträgers im kalifornischen Exil

von Tobias Kühn  28.03.2025

Assaf Gavron

Weltregierung und Einsamkeit

Erfrischend, erstaunlich, spannend: Zwei neue Erzählungen des israelischen Autors

von Maria Ossowski  28.03.2025

Geschichte

Mehr als die Bielski-Brüder

Der NS-Historiker Stephan Lehnstaedt hat ein erhellendes Buch über den jüdischen Widerstand veröffentlicht

von Alexander Kluy  28.03.2025

Friedl Benedikt

Die Schülerin

Im Nachlass von Elias Canetti wurde die vergessene literarische Stimme einer beeindruckenden Autorin gefunden

von Sophie Albers Ben Chamo  28.03.2025