»Durch Wahrheit zum Miteinander«, lautet das Leitwort für 2010 des Bundes der Vertriebenen (BdV), der in diesem Jahr sein sechzigjähriges Bestehen begeht. Passend zu diesem Motto berichtet Otto Köhler in einem Deutschlandfunkfeature am Montag, den 27. Juli, um 19.15 Uhr, von den verkrampften Versuchen des Verbands, mit der Nazivergangenheit seiner Gründergeneration umzugehen. Die hatte der »Spiegel« 2006 in einem Artikel thematisiert: Rund ein Drittel von circa zweihundert Vertriebenenverbandsfunktionären der ersten Stunde hatten der NSDAP angehört, deutlich mehr als im damaligen Bevölkerungsdurchschnitt. Durch den Bericht unter Druck geraten, gab BdV-Präsidentin Erika Steinbach 2007 beim Münchener Institut für Zeitgeschichte eine »Machbarkeitsstudie« über »etwaige nationalsozialistische Belastungen früherer BdV-Repräsentanten« in Auftrag, finanziert vor allem mit Geldern des Bundesinnenministeriums.
persilschein An der Tatsache, dass von den ersten 13 Mitgliedern des BdV-Präsidiums 1950 neun aktive Nazis gewesen, andere untersuchte BdV-Funktionäre sogar als SS-Leute direkt in die Schoa involviert waren, konnte die Studie nicht rütteln. Ihr Autor versuchte aber, die braunen Vertriebenenverteter in Persilscheinmanier reinzuwaschen. Der Versuch einer Relativierung war so offenkundig, dass BdV-Chefin Steinbach nach kritischen Presseberichten die Machbarkeitsstudie als »nicht veröffentlichungsfähig« einstufte. Das Projekt wurde dennoch weitergeführt. Eine endgültige »Gruppenbiografische Studie über die ersten Präsidialmitglieder des Bundes der Vertriebenen« soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden, zum 60. Jahrestag der Verkündung der »Charta der deutschen Heimatvertriebenen«. Das Feature untersucht, ob diese Studie nach sechs Jahrzehnten nie hinterfragter Verbandsgeschichte näher an der historischen Wahrheit sein wird und kann. ja
»Etwaige Belastungen – Der Bund der Vertriebenen sucht seine Vergangenheit«. Feature von Otto Köhler. Deutschlandfunk, Montag, 27. Juli, 19.15 Uhr