»Die Kinder der Villa Emma«

Es war einmal in Italien

Flieht von Wien nach Italien: Betty Liebling (r.) Foto: ARD Degeto/ORF/Graf Film/Volker

Es ist eine ebenso bewegende wie wahre Geschichte, die hierzulande immer noch weitgehend unbekannt ist: Zwischen 1942 und 1943 fanden in der norditalienischen Kleinstadt Nonantola 73 jüdische Kinder und Jugendliche aus Deutschland, Österreich, Jugoslawien und Polen Zuflucht in einer Villa. Sie standen unter der Aufsicht von erwachsenen Betreuern und sollten nach Palästina gebracht werden. Von den Einheimischen wurden sie akzeptiert, von vielen auch engagiert unterstützt.

Als deutsche Truppen Teile Italiens besetzten, versteckten mehrere Einwohner von Nonantola die Kinder spontan bei sich zu Hause. Der 16-jährige Salomon Papo aus Sarajevo aber lag im Krankenhaus, wurde von Deutschen aufgespürt und vermutlich nach Auschwitz deportiert. Alle anderen Kinder überlebten – und erreichten 1945 wohlbehalten Palästina.

flucht Nun hat die ARD ihre Geschichte unter dem Titel Die Kinder der Villa Emma verfilmt. Und so viel sei vorab gesagt: Dass diese Ereignisse dank eines Spielfilms zur besten Sendezeit einem großen Fernsehpublikum zugänglich gemacht werden, kann gar nicht genug gelobt werden. Zeigen die 90 Minuten doch ein besonderes Beispiel dafür, wie Menschen unter Lebensgefahr Juden geholfen haben.

Die Drehbuchautorin Agnes Pluch und der Regisseur Nikolaus Leytner erzählen dies aus der Perspektive des 14-jährigen jüdischen Mädchens Betty Liebling (Sophie Stockinger) aus Wien. Sie berichtet ihrer besten Freundin in Briefen von ihren Erlebnissen auf der Flucht. Dadurch gelingt es dem Film, eine Ahnung davon zu vermitteln, was die permanente Bedrohung, die Sorgen um Angehörige bedeutet haben müssen. Auch wird deutlich, wie schwierig die Organisation der Flucht war und welche moralischen Fragen dabei aufgeworfen wurden. Es war unter anderem der Zionist Josef Indig (Ludwig Trepte), der für die Kinder verantwortlich war und sie mit Sprach- und Geografieunterricht auf das Leben in Eretz Israel vorbereitete.

Schade ist, dass diese dramatische, aber auch faszinierende Geschichte über weite Strecken recht konventionell in Szene gesetzt wurde. Zudem wäre es interessant gewesen, die Einblicke in die Arbeit der Hilfsorganisationen und ihrer Mitarbeiter zu vertiefen. So fällt zum Beispiel oft beiläufig der Name Recha Freier. Dass die Gründerin der Kinder- und Jugend-Aliyah den Zuschauern bekannt ist, darf jedoch bezweifelt werden. Sven Sakowitz

»Die Kinder der Villa Emma«. ARD, Freitag, 30. März, 20.15 Uhr

Zahl der Woche

-430,5 Meter

Fun Facts und Wissenswertes

 12.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. November bis zum 20. November

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Interview

»Erinnern, ohne zu relativieren«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über das neue Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung, Kritik an seiner Vorgängerin Claudia Roth und die Zeit des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur

von Ayala Goldmann  12.11.2025

Erinnerungspolitik

Weimer: Gedenkstätten sind zentrale Pfeiler der Demokratie

Das Bundeskabinett hat ein neues Konzept für Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen und die SED-Diktatur beschlossen. Die Hintergründe

von Verena Schmitt-Roschmann  12.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  11.11.2025

Sehen!

»Pee-Wee privat«

Der Schauspieler Paul Reubens ist weniger bekannt als seine Kunstfigur »Pee-wee Herman« – eine zweiteilige Doku erinnert nun an beide

von Patrick Heidmann  11.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  11.11.2025